Textilien der nächsten Generation
Smarte Materialien erzeugen Strom und unterstützen bei der Temperaturregulierung.
In Zukunft sollen sich mobile und nah am Körper getragene elektronische Geräte noch einfacher mit Energie versorgen lassen, selbst dann, wenn keine externe Stromversorgung zur Verfügung steht. Forscher des Leibniz-Instituts für photonische Technologien in Jena entwickeln dafür eine auf Textilien basierende autarke Energieversorgung. Solche smarten Textilien nutzen die abgegebene menschliche Körperwärme und wandeln diese in Strom um. Ihre zudem kühlenden Eigenschaften machen die neuartigen Materialien für sicherheitsrelevante Anwendungen interessant und sorgen gleichzeitig für erhöhten Tragekomfort und gesteigertes Wohlbefinden.
„Unsere Vision ist es, textile Materialien für die Energieerzeugung zu nutzen. Flexibel, bedarfsgerecht und umweltfreundlich können diese smarten Gewebe mobile Geräte der Unterhaltungselektronik oder für Gesundheitsanwendungen autark mit Energie versorgen. Smartwatches oder Fitnessarmbänder werden direkt am Körper getragen und lassen sich auf diese Weise jederzeit mit Strom versorgen. Vitalparameter können damit beispielsweise kontinuierlich gemessen und überwacht werden“, erläutert Jonathan Plentz vom Leibniz-IPHT.
Für die Energieerzeugung nutzen die Forscher thermoelektrische Generatoren, welche die körpereigene Wärme in elektrische Energie umwandeln. Dafür werden auf textilen Geweben Dünnfilmbeschichtungen in Form von aluminiumdotiertem Zinkoxid als thermoelektrische Funktionsschicht aufgebracht. Durch Temperaturunterschiede zwischen der Hautoberfläche des Nutzers und der Umgebungstemperatur oder mittels Industrieabwärme konnten die Forscher thermoelektrische Effekte mit Leistungen von bis zu 0,2 Mikrowatt messen. Der erzeugte Strom ließe sich in einem Akku speichern.
Die smarten Textilien können aber noch mehr: Der thermoelektrische Effekt kann auch für die Kühlung mittels elektrischer Energie genutzt und so für Kühlanwendungen und zur Temperaturregulierung eingesetzt werden. Ein mögliches Anwendungsgebiet sieht Plentz zum Beispiel in der Stahlindustrie. An Hochöfen sind Arbeiter großer Wärmeentwicklung ausgesetzt. Schon nach kurzer Zeit steigt die Körpertemperatur durch die umgebende Hitze deutlich. Intelligentes Kühlgewebe integriert in Schutzkleidung kann helfen, die Körpertemperatur besser zu regulieren. Zudem zeichnen sich die textilen Materialien insbesondere durch ihre Luftdurchlässigkeit, Leichtigkeit und Flexibilität aus, was sich nicht nur positiv auf das Thermomanagement auswirkt, sondern zusätzlichen Komfort in herausfordernden Arbeitsumgebungen bietet.
Bei Versuchen konnte durch diese Peltier-Kühlung ein Temperaturunterschied von bis zu zwölf Kelvin nachgewiesen werden, was für textile thermoelektrsiche Elemente einmalig ist. Perspektivisch ließen sich damit nicht nur prozesskritische Bereiche in der Industrie temperieren, sondern Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr wären mit den smarten Textilien mit ihren kühlenden Eigenschaften noch besser geschützt. Eine aktive Regulierung der Körpertemperatur mit hohem textilen Tragekomfort ist auch im medizinischen Umfeld zum Beispiel zur Fiebersenkung wichtig. Die Kühlung von Transportgütern mittels funktionalisierter Textilien eröffnet weitere Anwendungsfelder.
Leibniz-IPHT / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
G. Schmidl et al.: Aluminum-doped zinc oxide–coated 3D spacer fabrics with electroless plated copper contacts for textile thermoelectric generators, Mat. Tod. Energy 21, 100811 (2021); DOI: 10.1016/j.mtener.2021.100811 - Photonische Dünnschichtsysteme (J. Plentz), Abt. Funktionale Grenzflächen, Leibniz-Institut für photonische Technologien e. V., Jena