KI-Modell analysiert Nanoteilchen
Neue Methode hilft bei der Vermessung winziger Partikel.
Wenn sich Forschende mit Nanoteilchen beschäftigen, sind sie einen Großteil ihrer Arbeitszeit vor allem mit einem beschäftigt: Zählen und Messen. Das geschieht in der Regel durch die Auswertung mikroskopischer Aufnahmen, auf denen sich meist hunderte Nanoteilchen dicht aneinanderdrängen. Sie zu zählen und zu vermessen kostet eine Menge Zeit, ist aber unabdingbar, um anhand statistischer Auswertungen zu Ergebnissen zu kommen und anschließend die nächste, optimierte Teilchensynthese durchführen zu können. Einem Forschungsteam an der Universität Konstanz ist es nun gelungen, ein KI-System so anzupassen, dass es in der Nanoforschung zuverlässig bei der Vermessung von Partikeln hilft und so die Forschungsprozesse deutlich beschleunigt.

„Als ich selbst noch Doktorand war, haben wir diese Ausmessungen mit einer großen Teilchenzählmaschine gemacht. Einer Art Registerkasse. Wenn ich da dreihundert Nanoteilchen am Tag vermessen konnte, war das schon viel“, sagt Alexander Wittemann. Für eine verlässliche Statistik sind jedoch tausende Messdaten einer jeden Probe nötig. Mit dem vermehrten Einsatz von Computertechnologien geht das inzwischen schneller von der Hand. Aber die automatisierten Methoden sind sehr fehleranfällig und vieles muss noch immer von den Forschenden selbst vermessen oder zumindest überprüft werden.
Eine Verkettung von Umständen in der Zeit der Corona-Pandemie brachte Wittemann mit seinem Doktoranden Gabriel Monteiro zusammen, der nicht nur selbst Wissen über Programmierung und KI hat, sondern auch Verbindungen zu Informatikern. Gemeinsam entwickelten Wittemann und Monteiro ein Programm, das auf der von Meta entwickelten Open Source KI-Technologie „Segment Anything Model“ basiert. Es ermöglicht die KI-gestützte Erfassung von einzelnen Nanoteilchen auf einer mikroskopischen Aufnahme und die anschließende automatische Vermessung jedes einzelnen Partikels.
„Für deutlich abgrenzbare Teilchen gelang das bisher auch mit der Watershed-Methode ganz gut. Nun können wir aber auch Teilchen automatisch erfassen, die hantel- oder raupenförmig sind, also quasi aus zwei oder drei aneinandergereihten Kugeln bestehen“, sagt Wittemann. Die Zeitersparnis hierdurch sei enorm. „In der Zeit, in der wir normalerweise nur eine Teilchensynthese durchführen konnten und diese dann zeitaufwendig auswerten mussten, können wir uns künftig auf Teilchensynthesen sowie die mikroskopischen Untersuchungen konzentrieren und die KI einen Großteil des Rests erledigen lassen. Letzteres ist nun in einem Bruchteil der ursprünglichen Zeit möglich. So sind jetzt in der gleichen Zeit acht bis zehn Teilchenanalysen möglich.“
Zudem seien die Auswertungen der KI nicht nur effizienter, sondern auch verlässlicher. Im Vergleich zu anderen Methoden, selbst zu einer vom Menschen durchgeführten Erfassung, erkennt die KI-Methode die einzelnen Fragmente fehlerfreier und vermisst präziser. Auf dieser Grundlage können nachfolgende Experimente genauer angepasst und durchgeführt werden, was zu einem schnelleren Erfolg der Versuchsreihen führt. Die neue KI-Routine, alle hierfür notwendigen Codes sowie die Daten der Studie stellt das Forschungsteam als Open-Access über Git-Hub sowie über KonData zur Verfügung, um auch anderen Forschenden die Arbeit hiermit zu ermöglichen und den Austausch untereinander voranzutreiben.
U. Konstanz / JOL