Karl-Schwarzschild-Medaille für Friedrich-Karl Thielemann
Die Astronomische Gesellschaft zeichnet Friedrich-Karl Thielemann für seine Forschungen an der Schnittstelle zwischen Kernphysik und Astrophysik mit ihrem renommiertesten Preis aus.
Durch den Einsatz von Theorie im Vergleich mit Experimenten und Beobachtungen leistete Friedrich-Karl Thielemann wesentliche Beiträge zum Verständnis von Sternexplosionen. In seinen zahlreichen herausragenden theoretischen Studien sagte er Reaktionseigenschaften von Atomkernen quer über die Nuklidkarte voraus, darunter auch für hoch instabile Kerne.
Während seiner mehr als 40-jährigen Karriere gelang es ihm, den Kreis von der Kernphysik über das Studium der Entwicklung von Sternen bis zu Sternexplosionen, der damit verbundenen Bildung schwerer Elemente sowie der daraus resultierenden chemischen Entwicklung von Galaxien zu schließen.
Er lieferte in herausragender Weise die Grundlagen für die extremsten Ereignisse im Universum, Supernovaexplosionen vom Typ Ia, über Novae und Röntgenstrahlenausbrüche, Kernkollapssupernovae und Hypernovae bis hin zu verschmelzenden Neutronensternen.
Für diese wissenschaftlichen Leistungen zeichnet die Astronomische Gesellschaft Friedrich-Karl Thielemann mit der diesjährigen Karl-Schwarzschild-Medaille aus. Die Karl-Schwarzschild-Medaille ist nach dem deutschen Astronomen Karl Schwarzschild (1873 bis 1916) benannt, einem der bedeutendsten Astrophysiker.
Sie ist eine der höchsten Auszeichnungen im Bereich der Astronomie und Astrophysik in Deutschland und wird an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland vergeben. Unter den Trägern der seit 1959 verliehenen Medaille befinden sich unter anderem Reinhard Genzel, Karl-Heinz Rädler, Michel Mayor, Kip Thorne und Rashid Sunyaev.
Friedrich-Karl (Friedel) Thielemann wurde 1951 in Mülheim an der Ruhr geboren und studierte (theoretische) Physik an der TU Darmstadt. 1980 promovierte er über Studien der Kernphysik und ihre astrophysikalischen Anwendungen. Er hatte verschiedene Postdoc-Stellen inne und absolvierte längere Forschungsaufenthalte an der University of Chicago, dem California Institute of Technology, dem Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg, dem Max-Planck-Institut für Astrophysik in Garching und der University of Illinois. 1986 wurde er zum Assistenzprofessor und 1991 zum außerordentlichen Professor an der Harvard University (Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics und Harvard Observatory).
1994 nahm er den Ruf auf eine ordentliche Professur an der Universität Basel in der Schweiz an. Thielemann ist heute Prof. em. für theoretische Physik an der U Basel und Mitglied der Theoriegruppe am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. Er forscht zur nuklearen und theoretischen Astrophysik mit Fokus auf die Elemententstehung im Universum. Seit 2017 unterstützt er das Physik Journal im Kuratorium.
Friedrich-Karl Thielemann wurde vielfach ausgezeichnet: Unter anderem erhielt er 1979 die Otto-Hahn-Medaille, 2008 den Hans-A.-Bethe-Preis und 2012 den Lise-Meitner-Preis. Seit 1998 ist er Fellow der American Physical Society, von 2004 bis 2008 Mitglied des Schweizer Forschungsrats und 2015 wurde er in die Academia Europaea gewählt.
Maike Pfalz / Astronomische Gesellschaft
Weitere Infos
Weitere Beiträge
- F.-K. Thielemann, Die Supernova im Superrechner, Physik Journal, Juli 2010, S. 16 (PDF, frei)
- G. Martínez-Pinedo, B. D. Metzger und F.-K. Thielemann, Der Beginn einer Multi-Messenger-Ära, Physik Journal, Dezember 2017, S. 20
- M. Lindner, H.-Ch. Schultz-Coulon und F.-K. Thielemann, Suche nach der Dunklen Materie, Physik Journal, Dezember 2019, S. 32
- F.-K. Thielemann, Vom Schicksal der Sterne, Physik Journal, April 2020, S. 16
- A. Arcones, Der Stern der Weisen, Physik Journal, März 2020, S. 31
- Dossier "Astroteilchenphysik"
- M. Eckert, Der Quantenhimmel voller Geigen - zum 100. Todestag von Karl Schwarzschild, Physik Journal, Mai 2016, S. 41 (PDF, frei)