Tote Fische schwimmen (fast) besser
Am Massachusetts Institute of Technology wurden die diesjährigen Ig Nobel Prizes verliehen.
Kerstin Sonnabend
Nach mehreren Jahren Corona-bedingter Pause fand die Verleihung der Ig Nobel Prizes erstmals wieder vor Publikum am Massachusetts Institute of Technology statt. Wer bei der 34. Auflage einen der Preise für „Forschung, über die man zuerst lacht und dann nachdenkt“ erhielt, ließ sich wie immer auch per Webcast verfolgen. Ebenfalls Tradition hat der Umstand, dass die Forschenden den Preis nicht zwingend in der Kategorie erhalten, die zu ihrem Arbeitsgebiet passt. So ging in diesem Jahr der Preis für Physik an James C. Liao vom Whitney Laboratory for Marine Bioscience der University of Florida in Saint Augustine. Der Biologe hat im Rahmen seiner Doktorarbeit vor zwanzig Jahren untersucht, weshalb selbst tote Fische flussaufwärts schwimmen können.
Als Untersuchungsobjekt dienten Liao – nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter, dem Präsidenten der Nationalen Akademie der Wissenschaften von Taiwan – Regenbogenforellen. Er konnte experimentell zeigen, dass die biegsamen Körper der Fische in Wasserstrudeln resonant in Schwingung geraten und dabei genug Energie aufnehmen, um den Strömungswiderstand zu überwinden. Das gelingt auch an Klippen, sodass sich unter passenden Bedingungen selbst tote Fische flussaufwärts bewegen.
Was zunächst paradox klingt, hat Anwendungen in der Robotik und für sogenannte Energieernter. Die Aufwärtsbewegung ohne Energieaufwand ist aber auch für Fischtreppen von Interesse. Hier entwickelt Liao basierend auf der Bewegung der Fische in turbulenter Umgebung optimierte Designs, damit die Tiere auf dem Weg zu ihren Laichgründen möglichst wenig Energie beim Überwinden künstlicher Hindernisse verbrauchen.
In seiner Dankesrede brachte Liao seine Forschung perfekt auf den Punkt: Er habe entdeckt, dass sich lebende Fische mehr bewegen als tote – aber nicht sehr viel. Der tote Fisch gebrauche seinen Körper gleichzeitig wie ein Segel im Wasser und wie einen stabilisierenden Kiel: Das Wasser schwimmt den Fisch! Zur Demonstration hatte er ein lebensgroßes Kunststoffmodell einer Regenbogenforelle dabei, dessen Flossen er durch beständiges Schütteln in Bewegung hielt. Das Publikum applaudierte lautstark – auch weil er sich kurz und knapp fasste und niemanden langweilte.
Tiere spielten aber auch in anderen Kategorien eine Rolle. So ging der Preis in der Kategorie Frieden posthum an B. F. Skinner, vertreten durch seine Tochter Julie Skinner Vargas. Der prominenteste Vertreter des Behaviorismus in den USA hat 1960 eine Arbeit zu Experimenten veröffentlicht, ob konditionierte Tauben die Flugbahn von Raketen lenken könnten – zu einer Zeit, als radargestützte Fernlenksysteme längst etabliert waren.