09.08.2023

Vanillin für nachhaltige Stromspeicher

Digitaler Zwilling überprüft das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten im Voraus.

Auf Basis des 2020 für die Stromspeicherung nutzbar gemachten Vanillins entsteht in einem inter­nationalen Projekt nun ein mit KI optimierter Prototyp eines umwelt­verträglichen Stromspeichers. Dem Team um Stefan Spirk vom Institut für Biobasierte Produkte und Papiertechnik der TU Graz war es gelungen, Redox-Flow-Batterien umwelt­freundlicher zu machen. Sie hatten die redox­aktiven Elemente der Batterie durch herkömm­liches Vanillin ersetzt, womit keine kritischen oder umwelt­schädlichen Rohstoffe mehr benötigt wurden. Mit dem neuartigen Speicher­medium allein war es aber nicht getan. Mittlerweile arbeitet Stefan Spirk daran, einen Vanillin-Stromspeicher zu gestalten, der in seiner gesamten Zusammen­setzung möglichst nachhaltig und dennoch effizient ist.

Abb.: Stefan Spirk von der TU Graz entwickelt effiziente Stromspeicher mit dem...
Abb.: Stefan Spirk von der TU Graz entwickelt effiziente Stromspeicher mit dem Speicher­medium Vanillin. (Bild: H. Lunghammer, TU Graz)

Einsatzgebiete des fertig entwickelten Speichers werden vor allem der industrielle Bereich und die Speicherung von Strom­überschüssen aus erneuer­baren Energien sein. Beteiligt an dem Forschungs­projekt „VanillaFlow“ sind weitere Institute der TU Graz, das im Science Park Graz ansässige Start-up Ecolyte von Stefan Spirk und zahlreiche weitere Projekt­partner. Das Projekt wird im Rahmen der EIC Pathfinder Challenge des European Innovation Council gefördert und gehört damit zum EU Horizon Europe Programm für Forschungs- und Innovations­förderung. 

Im Projekt VanillaFlow sollen sämtliche Komponenten und Prozesse des Speichers optimiert werden: neben den Vanillin-Verbindungen als Speicher­medium auch die Membran, die Elektrode und die Steuerung. All dies unter Zuhilfenahme von Machine Learning. Damit lassen sich in wesentlich kürzerer Zeit als bisher Vorhersagen für Modelle vielver­sprechender Vanillin-Verbindungen erstellen. Die aussichts­reichsten Modelle werden dann im Labor entwickelt und getestet, um so die ideale Zusammensetzung für die Speicher­flüssigkeit zu finden.

Bei der Membran und der Elektrode geht es primär darum, die dafür bisher in Batterie­speichern verwendeten wenig umwelt­freundlichen Materialien ebenfalls durch nachhaltige Stoffe zu ersetzen. Für die Membranen wird bislang die Teflon-Modifikation Nafion verwendet. Mittlerweile ist eine papier­basierte Membran entstanden, die laufend weiterentwickelt wird. Das Patent dafür wurde bereits angemeldet. Bei der Elektrode setzt das Projektteam auf ein Kohlenstoff-Vlies, das durch Kompri­mierung weniger Widerstand bietet und auch weniger Ablagerungen entwickelt. Durch neue Beschichtungen und Behandlungen soll hier eine noch bessere Leistung erreicht werden.

Um nicht vorab alle Iterationen an Speicher­medium, Membran und Elektrode produzieren zu müssen, wird hier ebenfalls auf digitale Unterstützung zurück­gegriffen. Mittels eines digitalen Zwillings können die einzelnen Komponenten im Voraus virtuell im Zusammenspiel getestet und überprüft werden. Dabei wird auch gleich die Steuerung des Speichers weiter­entwickelt, um auch dadurch den Betrieb zu optimieren. Eine dahinterliegende künstliche Intelligenz verknüpft diese virtuellen Ergebnisse mit den VanillaFlow-Projektdaten. Darüber hinaus findet eine techno­ökonomische und ökologische Überprüfung statt, um sicher­zustellen, dass der Speicher keine Toxizität aufweist und gesetzes­konform ist. Das soll gewährleisten, dass das fertige Produkt ungefährlich für Mensch und Umwelt ist.

Sobald ein erster Prototyp dieses Speichers fertig ist, ist seine Einbindung in das Netz der TU Graz geplant. Als Speicherleistung sind dafür maximal zehn Kilowatt vorgesehen, für zukünftige Anwender ist die Leistung aber je nach Bedarf skalierbar. „Als wir vor rund drei Jahren Vanillin für die Nutzung in Redox-Flow-Batterien nutzbar gemacht haben, war uns klar, dass dies erst der Anfang auf dem Weg zu einem umweltfreundlichen und effi­zienten Stromspeicher für Anwender aus Industrie und Energie­erzeugung war“, sagt Stefan Spirk. „Indem wir jetzt auf Basis dieses Speicher­mediums mit Hilfe von KI einen nachhaltigen Stromspeicher von A bis Z designen, testen und letztendlich auch fertigen, setzen wir den nächsten wichtigen Schritt. Wenn wir dann einen Speicher ohne schädliche Materialien, ohne seltene Rohstoffe, aber mit hoher Effizienz und Sicherheit für Mensch und Umwelt entwickelt haben, ist das ein wichtiges Puzzlestück für die weitere Dekar­bonisierung des Energiesystems und der Industrie.“

TU Graz / JOL

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