11.04.2023 • PhotonikOptik

Ultraschnelles Licht am Ende des Vakuumtunnels

Meta-Optik zeigt physikalische Vorgänge im Attosekundenbereich

Eine revolutionäre neue Meta-Optik für Mikroskope mit extrem hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung hat in Labortests an der TU Graz ihre Einsatz­tauglich­keit bewiesen. Mikroskope mit dieser Optik versprechen völlig neue Forschungs- und Entwicklungs­ansätze besonders in der Halbleiter- und in der Solar­zellen­technologie.

Abb.: Diesem Team von Experimental­physikern der TU Graz gelang der Nachweis...
Abb.: Diesem Team von Experimental­physikern der TU Graz gelang der Nachweis der Funktions­tüchtig­keit einer Meta-Optik: v.l.n.r. Martin Schultze, Maryna Meretska (Harvard), Marcus Ossiander, Hana Hampl. (Bild: Lung­hammer, TU Graz)

Die Mikroskop-Optik des Forschungsteams der TU Graz und der Harvard University in Cambridge, USA, ermöglicht erstmals die Verwendung extrem ultra­violetter Strahlung. Durch deren äußerst kurze Wellenlänge lassen sich ultraschnelle physikalische Vorgänge im Attosekunden­bereich verfolgen, beispielsweise Echtzeit­aufnahmen aus dem Inneren moderner Transistoren oder die Wechsel­wirkung von Molekülen und Atomen mit Licht.

Die Attosekunden­physik verwendet extrem ultraviolettes Licht. Weil dieses schnell oszilliert und alle Materialien aus dem Baukasten der Optik­entwicklung für dieses Licht undurch­sichtig sind, gab es bisher keine brauch­baren Abbildungs­systeme dafür. „Ich habe mir die Frage gestellt, ob man das klassische Prinzip der Optik nicht umkehren kann“, erklärt Marcus Ossiander von der TU Graz. „Kann man die Abwesenheit von Material in kleinen Bereichen als Grundlage eines optischen Elementes verwenden?“

Die auf Basis dieser Idee an der Harvard University entwickelte und an der TU Graz erfolgreich getestete Optik setzt dieses Designprinzip um: Eine exakt berechnete Anordnung kleinster Löcher in einer äußerst dünnen Siliziumfolie leitet und bündelt das einfallende Attosekunden­licht. Eine bemerkens­werte Beobachtung des Forschungsteams: Diese Vakuumtunnel trans­mittieren mehr Lichtenergie, als es aufgrund der mit Löchern bedeckten Fläche möglich sein sollte. Das bedeutet, die neuartige Meta-Optik saugt das ultra­violette Licht regelrecht in den Brennpunkt.

Für diesen Durchbruch erforderlich sind extrem kleine und genau kontrol­lierte Strukturen. Deren Herstellung bewegt sich nahe an der Grenze des heutzutage technisch Machbaren. Die technische Umsetzung bewerk­stelligte das in diesem Bereich weltweit feder­führende Team um Federico Capasso in Cambridge nach einer Experimentier­phase von rund zwei Jahren. Der Nachweis der Funktions­fähigkeit gelang in Zusammen­arbeit mit der TU Graz. „Das ist ein schöner Erfolg für die Kooperation zwischen der Harvard Univerity und der TU Graz. Jetzt wollen wir damit bald Mikro­elektronik, Nanopartikel und ähnliches unter­suchen“, erklärt Ossiander.

Die Meta-Optik besteht aus einer etwa zweihundert Nanometer dünnen Folie, in die winzig kleine Loch­strukturen geätzt wurden. Die gesamte Optik besteht aus vielen hundert Millionen Löchern. Pro Mikrometer finden sich etwa zehn dieser Strukturen auf der Membran, ein einzelnes Loch misst zwischen zwanzig und achtzig Nanometer im Durchmesser. Die Durchmesser der Löcher variieren und verkleinern sich von der Mitte der Membran nach außen hin. Je nach Größe des Lochs wird die dort einfallende Licht­strahlung verzögert und kollabiert dadurch zu einem winzigen Fokalpunkt.

Für die Vermessung der neuartigen Optik haben Martin Schultze und Hana Hampel vom Institut für Experimental­physik an der TU Graz einzig­artiges Know-how zur Erzeugung der notwendigen extrem ultra­violetten Strahlung. „Zuverlässig kurze Lichtpulse mit hoher Energie zu erzeugen, erfordert die genaue Kontrolle licht­ge­steuerter atomarer Prozesse und sehr präzise optische Aufbauten. Für dieses Projekt haben wir eine Lichtquelle entwickelt, welche besonders effizient Strahlung der Wellenlänge erzeugt, für die diese Meta-Optik ausgelegt wurde“ sagt Schultze. Im Grazer Versuchs­aufbau, bei dem ein Laser in einen Edelgas-Jet fokussiert wurde, konnte die extrem ultraviolette Strahlung erzeugt und in sehr kurzen Pulsen konzentriert werden. Mit dieser für die Attosekunden­physik optimierten Lichtquelle gelang der Beweis der Leistungs­fähigkeit der Meta-Optik.

Die Entwicklung eines Mikroskops, das mit dieser Optik arbeitet, ist nun der nächste Schritt. Die Anwendungs­möglich­keiten für das neue Forschungs­gebiet der Attosekunden­mikroskopie sind vielfältig. Besonders die Halbleiter und Solarzellen­technologie wird von der Möglichkeit profitieren, erstmals die ultra­schnelle Bewegung von Ladungs­trägern in Raum und Zeit verfolgen zu können. In modernen Transistoren und opto­elektro­nischen Schaltkreisen laufen die relevanten Prozesse innerhalb weniger Nanometer räumlicher Ausdehnung innerhalb weniger Attosekunden ab. Die neue Meta-Optik wird es ermöglichen, diesen zentralen Bausteinen unserer Informations­technologie bei der Arbeit zuzusehen und sie noch weiter zu optimieren.

TU Graz / RK

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