Selbstorganisation mit Ecken und Kanten

Polyeder bringen Chancen für neue Materialien.

In vielen Prozessen bilden kleine Objekte geordnete Schichten zwischen Flüssig­keiten und Fest­körpern. Gängige Modelle beschreiben die Objekte als Kugeln mit homogenen Ober­flächen. Oft sind diese aber nicht kugel­förmig, sondern poly­edrisch – zum Beispiel, wenn sie aus Metall bestehen. Wissen­schaftler des Leibniz-Instituts für neue Materialien in Saar­brücken und der University of Sydney konnten nun zeigen, dass solche Partikel ganz andere Strukturen bilden als kugelförmige Partikel. Das verändert auch die Eigen­schaften von Materialien, die daraus entstehen – und womöglich ihr Recycling.

Abb.: Durch Model­lieren fanden die Forscher heraus, dass es die...
Abb.: Durch Model­lieren fanden die Forscher heraus, dass es die ab­ge­flachte Form der Partikel ist, welche die Form daraus auf­ge­bauter Struk­turen be­stimmt. (Bild: A. Bo, INM)

„Das Modell der kugel­förmigen Partikel mit homogenen Ober­flächen ist zu stark verein­facht. Für ein umfas­sen­deres Verständnis waren In-situ-Unter­suchungen im Nano­maßstab erforder­lich“, erläutert Niels de Jonge vom INM. „Mittels Flüssig­phasen-Raster­trans­missions­elektronen­mikroskopie haben wir die Wechsel­wirkungen unter­sucht, die die Selbst­organi­sation von Partikeln in Flüssigkeit steuern. Dabei konnten wir verschiedene unerwartete geometrische Strukturen identi­fi­zieren. Das haben wir zunächst nicht verstanden. Durch Model­lieren fanden wir schließlich heraus, dass es die abgeflachte Form der Partikel ist, welche die Form dieser Strukturen bestimmt.“

Das neue Wissen sei eine Chance für die Material­forschung, sagt Tobias Kraus vom INM: „Aus den Partikeln können wir dünne Schichten herstellen, etwa um flexible elektronische Bauteile zu drucken. Dabei spielt es eine große Rolle, wie die Partikel miteinander in Kontakt sind. Durch einen großen Kontakt zwischen zwei abgeflachten Stellen fließt vermutlich mehr Strom, als wenn zwei Kugeln sich in einem Punkt berühren.“

Solche Effekte können auch beim Recycling eine Rolle spielen, wenn es darum geht, Komponenten komplexer Bauteile vonein­ander zu trennen. Laut Kraus ist das Verständnis des Zusammen­spiels der einzelnen Komponenten daher entscheidend für den Recycling­prozess: „Batterien enthalten zum Beispiel eine Mischung verschiedener Partikel. Wenn diese am Ende der Lebensdauer voneinander getrennt werden sollen, um neue Batterien herzu­stellen, macht es einen Unter­schied, wie fest sie mitein­ander verbunden sind. Um die Partikel leichter trennbar zu machen, müssen wir ihre Anordnung verstehen.“

INM / RK

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