10.08.2021 • QuantenphysikMesstechnik

Qubits unter Druck

Neuartiger atomarer Sensor beruht auf einem Qubit im Kristallgitter.

Ein künstlich erzeugter Spin-Defekt – ein Qubit – in einem Kristall­gitter aus Bornitrid eignet sich als Sensor, der verschiedene Veränderungen in seiner unmittelbaren Umgebung messen kann. Das zeigt jetzt ein inter­nationales Forscher­team unter Beteiligung der Uni Würzburg. Bei dem Defekt handelt es sich um eine Bor-Fehlstelle, die in einer zwei­dimen­sionalen Schicht aus hexa­gonalem Bornitrid liegt und einen Spin besitzt. Der Defekt reagiert sehr empfindlich auf seine atomare Umgebung, zum Beispiel auf die Abstände zu anderen Atomen oder Atomlagen. „Dadurch kann man mit ihm lokal Magnet­felder, die Temperatur und sogar den Druck messen“, sagt Vladimir Dyakonov von der Uni Würzburg. Gemessen wird rein optisch mit einem Laser – der Sensor kommt also ohne elektrische Kontak­tierung aus.

Abb.: Illustration eines optisch an­ge­regten Qubits unter Druck. (Bild: A....
Abb.: Illustration eines optisch an­ge­regten Qubits unter Druck. (Bild: A. Gott­scholl, U. Würz­burg)

„Durch das geschickte Ein- und Ausschalten von Mikro­wellen verschiedener Frequenz kann der Spin-Defekt mani­puliert werden, sodass sich unter­schied­liche äußere Einflüsse wie Temperatur, Druck und Magnetfeld ableiten lassen“, erklärt Andreas Gottscholl von der Uni Würzburg. Atomare Sensoren auf Basis von Spin-Defekten gibt es schon. Sie bestehen aus Diamant oder Silizium­karbid und eignen sich für lokale Messungen von Temperatur und Magnetfeld. „Unser Bornitrid-Sensor reagiert zusätzlich auf äußere Druck­änderungen und übersteigt die Empfind­lich­keit der bisherigen Systeme, vor allem bei niedrigen Temperaturen.“, so Gottscholl.

„Neu bei unserem Spin-Defekt ist auch, dass er in einem zwei­dimen­sionalen Kristall­gitter liegt. Gegenüber den etablierten drei­dimen­sionalen Systemen aus Diamant oder Silizium­karbid bringt das ganz neue Anwendungs­möglich­keiten mit sich“, erklärt der Forscher weiter. Bornitrid gilt aktuell als das Standard­material zur Verkapselung von neuartigen 2D-Bauteilen wie zum Beispiel nano­meter­großen Transistoren. „Wir haben mit unserer Arbeit den Nachweis erbracht, dass wir in dem oft verwendeten Material Bornitrid atomare Sensoren künstlich einbetten können. Das sollte es möglich machen, Einflüsse wie Temperatur, Druck und Magnetfeld auf verschiedene Bauteile direkt zu messen.“

Bisher haben die Forscher die Funktions­weise des Sensors an einem großen Ensemble aus einigen Millionen Spin-Defekten demonstriert. Als nächstes wollen sie zeigen, wie einzelne Spin-Defekte als Sensoren funktionieren. Gelingt das, wäre ein Einsatz im Nanometer­bereich denkbar. „Besonders interessant ist die Überlegung, Bornitrid-Schichten von nur einer Atomlage zu verwenden, sodass der Sensor direkt an der Oberfläche der zu unter­suchenden Bauteile liegt“, sagt Dyakonov. Das würde eine direkte Inter­aktion mit der unmittel­baren Umgebung ermöglichen.

Interessant könnten Anwendungen in der Material­forschung, Geräte­ent­wicklung oder der Biologie sein, um auf diesen Gebieten neue Erkennt­nisse zu gewinnen. Neben weiteren Einsatz­möglich­keiten in der Wissen­schaft ist lang­fristig auch ein Einzug als kommer­zieller Sensor denkbar – das könnte bild­gebende Verfahren der Medizin revolu­tio­nieren, da der Sensor beispiels­weise lokale Temperaturen als Bild­kontraste abbilden könnte.

U. Würzburg / RK

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