06.03.2025

Neuronales Netz entschlüsselt Gravitationswellen verschmelzender Neutronensternen

Analyse in nur einer Sekunde ermöglicht schnelle Suche nach sichtbarem Licht und anderen Signalen.

Ein interdisziplinäres Forschungsteam hat eine neuartige Methode des maschinellen Lernens vorgestellt, welche die Gravitationswellen von Neutronensternkollisionen blitzschnell analysieren kann – noch bevor die Verschmelzung vollständig beobachtet wird. In nur einer Sekunde analysiert das neuronale Netz die auf der Erde ankommenden Daten und ermöglicht so eine schnelle Suche nach sichtbarem Licht und anderen elektromagnetischen Signalen, die während der Kollisionen ausgesendet werden. Die neue Methode könnte eine wichtige Rolle dabei spielen, das Feld für die nächste Generation von Observatorien vorzubereiten.

Abb.: Künstlerische Darstellung der Verschmelzung zweier Neutronensterne, bei...
Abb.: Künstlerische Darstellung der Verschmelzung zweier Neutronensterne, bei der Gravitationswellen und elektromagnetische Strahlung ausgesendet werden.
Quelle: A. Posada, MPI-IS

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Die Verschmelzung zweier Neutronensterne findet Millionen von Lichtjahren von der Erde entfernt statt. Die dabei erzeugten Gravitationswellen zu verstehen, stellt eine große Herausforderung für herkömmliche Datenanalyse-Methoden dar. Diese Signale umfassen bei derzeitigen Detektoren einige Minuten und bei zukünftigen Observatorien möglicherweise Stunden bis Tage an Daten. Die Analyse solch umfangreicher Datensätze ist rechenintensiv und zeitaufwändig.

Ein Team hat einen Algorithmus für maschinelles Lernen mit der Bezeichnung „Deep Inference for Gravitational-wave Observations from Binary Neutron Stars“ entwickelt, der kostbare Zeit spart bei der Interpretation von Gravitationswellen, die bei der Verschmelzung zweier Neutronensterne entstehen. Das neuronale Netz braucht nur eine Sekunde, um Systeme verschmelzender Neutronensterne vollständig zu charakterisieren. Die schnellsten herkömmlichen Methoden benötigen dafür etwa eine Stunde.

Bei der Verschmelzung von Neutronensternen werden neben den Gravitationswellen auch sichtbares Licht und weitere elektromagnetische Strahlung ausgesandt. „Eine schnelle und genaue Analyse der Gravitationswellen-Daten ist entscheidend, um die Quelle zu lokalisieren und Teleskope so schnell wie möglich auszurichten, um alle zugehörigen Begleitsignale zu beobachten“, sagt Maximilian Dax vom MPI für intelligente Systeme.

Die Echtzeit-Methode könnte einen neuen Standard für die Datenanalyse von Neutronenstern-Verschmelzungen setzen und Astronomen mehr Zeit geben, ihre Teleskope auf die verschmelzenden Neutronensterne auszurichten, sobald die großen Detektoren der Ligo-Virgo-Kagra-Kollaboration diese Signale aufspüren.

„Die Algorithmen zur Echtzeit-Analyse, die die LVK-Kollaboration derzeit verwendet, verwenden Näherungen, die auf Kosten der Genauigkeit gehen. Unsere neue Studie behebt diese Schwächen“, sagt Jonathan Gair vom MPI für Gravitationsphysik.

Ganz ohne solche Näherungsverfahren charakterisiert die maschinelle Lernmethode Verschmelzungen von Neutronensternen in nur einer Sekunde vollständig. Dás ermöglicht es unter anderem, die Position am Himmel um dreißig Prozent genauer zu bestimmen. Weil das neuronale Netz derart schnell und genau arbeitet, kann es wichtige Informationen für gemeinsame Beobachtungen der Gravitationswellen-Detektoren und Teleskope liefern. Die maschinelle Lernmethode kann helfen, nach sichtbarem Licht und anderen elektromagnetischen Signalen zu suchen, die bei der Verschmelzung entstehen, und dabei die teure Beobachtungszeit der Teleskope bestmöglich zu nutzen.

„Die Analyse der Gravitationswellen von Doppelneutronensternen ist besonders anspruchsvoll, sodass wir verschiedene technische Innovationen entwickeln mussten. Dazu gehört zum Beispiel eine Methode zur Datenkompression, die sich den Ereignissen anpasst“, sagt Stephen Green von der University Nottingham.

Das neue Verfahren könnte eines Tages helfen, elektromagnetische Signale vor und zum Zeitpunkt der Kollision zweier Neutronensterne zu beobachten. „Solche frühen Multi-Messenger-Beobachtungen könnten neue Erkenntnisse über den Verschmelzungsprozess und die anschließende Kilonova liefern, die immer noch nicht vollständig verstanden sind“, sagt Alessandra Buonanno vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik.

MPG / RK

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