03.03.2023 • LaserKlimaforschung

Neue Technologie revolutioniert Analyse von Eiskernen

Laserspektrometer kann Treibhausgase an einer Probe von lediglich 1,5 Millilitern Luft messen.

Die Suche nach dem ältesten Eis der Erde ist einen wichtigen Schritt weiter. Das EU-Projekt „Beyond EPICA – Oldest Ice“ hat Ende Januar seine zweite Feldsaison abgeschlossen. Bei der Bohrung wurde eine Tiefe von 808 Metern erreicht. Ziel des Vorhabens ist es, 1.5 Millionen Jahre in die Vergangenheit zurück­zu­blicken und Daten über die Entwicklung der Temperatur, die Zusammen­setzung der Atmosphäre und den Kohlen­stoff­kreis­lauf zu gewinnen. Dazu muss im antarktischen Eisschild eine Tiefe von rund 2700 Metern erreicht und ein Eiskern geborgen werden. Läuft alles wie geplant, sollte das 2025 der Fall sein. Dann erst folgt die aufwändige Analyse des ältesten Eises dieses Kerns, wofür parallel neue Methoden entwickelt werden.

Abb.: Ein frisch gebohrter Eiskern wird im Rahmen des EU-Projekts „Beyond...
Abb.: Ein frisch gebohrter Eiskern wird im Rahmen des EU-Projekts „Beyond EPICA“ vermessen. (Bild: PNRA / IPEV)

Eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der neuen Analyse­techno­logien spielt die Uni Bern. Einem Team um Hubertus Fischer ist es in Zusammen­arbeit mit der Empa gelungen, eine neue Technik zu entwickeln, mit der die Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Lachgas, sowie die Kohlenstoff-Isotopen­zusammen­setzung von Kohlendioxid gemeinsam gemessen werden können. Die Eisprobe, die es dazu braucht, ist mit einer Dicke von lediglich einem Zentimeter sehr klein. Trotzdem ist bei der Messung höchste Genauigkeit möglich.

„Das sind wichtige Voraus­setzungen“, erklärt Fischer, „um hochpräzise und hoch­auf­lösende Aufzeichnungen aus dem ältesten Eis von Beyond EPICA zu erhalten.“ Im 1.5 Millionen Jahre alten Eis sind in nur einem Meter Eiskern 15.000 bis 20.000 Jahre Klima­geschichte komprimiert, was ganz neue Anforderungen an Eiskern­analysen stellt. Eiskerne sind ein besonders wichtiges Klimaarchiv, denn nur sie enthalten die Luft der Vergangenheit, um die Treibhausgas­konzen­tra­tionen der Vergangenheit direkt zu messen.

Für die neue Methode hat ein Team um Lukas Emmenegger von der Empa ein neues Laser­spektro­meter entwickelt, das Treibhaus­gase an einer Probe von lediglich 1,5 Milliliter Luft messen kann. „Diese hohe Präzision in solch kleinen Proben zu erreichen war lange kaum vorstellbar“, betont Emmenegger. An der Uni Bern wiederum wurde das neue Sublimations-Extraktions­system ersonnen und gebaut, das es ermöglicht, solche kleinen Luftproben kontinuierlich und ohne Verunreinigung aus einem Eiskern zu gewinnen. Dank dieser Pionierarbeit, so Fischer, werde es möglich, Treibhausgas­messungen mit der notwendigen Präzision und zeitlichen Auflösung in so altem Eis durch­zu­führen.

Mit der Sublimations­technik kann eine Eiskernprobe langsam von oben nach unten vom festen in den gasförmigen Aggregat­zustand überführt werden. Die einzelnen Proben werden in Zentimeter­auflösung gesammelt, indem die Luft während des kontinuier­lichen Sublimations­prozesses bei -258° C eingefroren wird. Diese Technik gewährleistet eine hundert­prozentige Extraktions­effizienz. Ein weiterer Vorteil der Methode: Die aus den Eisproben extrahierte Luft geht bei der Messung im Laser­spektro­meter nicht verloren, sondern kann danach für weitere Analysen verwendet werden. Von „perfektem Recycling“ spricht Fischer und ergänzt: „Für einen gewöhnlichen Eiskern würde sich der Riesenaufwand, den wir für die Analyse betreiben müssen, nie recht­fertigen.“ Für das 1,5 Millionen Jahre alte Eis, bei dem die verfügbare Menge extrem knapp ist, hingegen schon.

Die Analyse des Eiskerns soll insbesondere zum besseren Verständnis des Wechselspiels zwischen Warm- und Kaltzeiten beitragen. Vor etwa einer Million Jahren – das zeigen Unter­suchungen von Meeres­sedimenten – fand eine Veränderung dieses Wechselspiels statt. In der Zeit vor etwa 900.000 Jahren wechselten sich Eiszeiten und Warmphasen etwa alle 40.000 Jahre ab, danach nur noch alle 100.000 Jahre. Weshalb es zu diesem Wandel kam, ist ein Rätsel, doch die Klima­forschung vermutet, dass unter anderem Treibhaus­gase dabei eine entscheidende Rolle spielten. Diese Vermutung soll nun die Eiskern­bohrung in der Antarktis untersuchen, die beinahe doppelt so weit zurückreicht, wie der älteste bisher analysierte antarktische Eiskern.

Empa / RK

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