23.08.2022 • Medizinphysik

Mit Röntgenstrahlen auf der Suche nach Mitteln gegen Corona

Röntgenscreening an Petra III identifiziert Naturstoffe, die ein wichtiges Virusenzym blockieren.

Drei Naturstoffe aus Lebensmitteln wie grünem Tee, Olivenöl und Rotwein haben sich als viel­ver­sprechende Kandidaten für die Entwicklung von Medikamenten gegen das Coronavirus erwiesen. Die drei Substanzen binden an ein zentrales Enzym des Coronavirus und können damit die Virus­vermehrung lahmlegen, wie ein umfassendes Screening einer großen Naturstoff-Bibliothek an der Röntgenquelle PETRA III am Forschungs­zentrum DESY zeigt. Alle drei Verbindungen werden bereits als Wirkstoffe in bestehenden Medikamenten eingesetzt. Ob und wann sich nach dem Vorbild dieser Naturstoffe ein Corona-Medikament entwickeln lässt, ist aber noch nicht geklärt.

Abb.: Struktur des Enzyms Papain-like Protease mit den Bindungs­stellen der...
Abb.: Struktur des Enzyms Papain-like Protease mit den Bindungs­stellen der iden­ti­fi­zierten Natur­stoffe. (Bild: V. Srinivasan U. Hamburg)

„Wir haben fünfhundert Substanzen aus der Karachi Library of Natural Compounds daraufhin getestet, ob sie an die Papain-like Protease des neuartigen Coronavirus binden, die eines der Hauptziele für ein antivirales Medikament ist“, erläutert Vasundara Srinivasan von der Uni Hamburg. „Ein Wirkstoff, der sich an der richtigen Stelle an das Enzym bindet, kann dessen Funktion blockieren.“

Für die Experimente wurde PLpro mit jeder der fünfhundert natürlichen Substanzen in einer Lösung gemischt, so dass diese die Möglichkeit hatten, sich an das Enzym zu binden. Mit einem herkömm­lichen Mikroskop lässt sich jedoch nicht feststellen, ob eine Substanz an das Enzym bindet. Stattdessen wurden aus den Mischungen winzige Enzym­kristalle gezüchtet. Im hellen Röntgenlicht von PETRA III erzeugen diese Kristalle ein charakte­ris­tisches Beugungs­muster, aus dem sich die Struktur des Enzyms bis auf die Ebene einzelner Atome rekonstruieren lässt. „Aus diesen Informationen können wir drei­dimen­sionale Modelle des Enzyms mit atomarer Auflösung erstellen und sehen, ob und wo eine Substanz an das Enzym bindet“, erklärt Alke Meents vom DESY.

Das Screening an der Messstation P11 von PETRA III zeigte, dass drei Phenole tatsächlich an das Enzym binden. In anschließenden Labortests bremsten die drei Phenole die Aktivität von PLpro in lebenden Zellen um fünfzig bis siebzig Prozent. „Der Vorteil dieser Substanzen ist ihre erwiesene Sicherheit“, sagt Christian Betzel von der Uni Hamburg. „Diese Verbindungen kommen natürlicher­weise in vielen Lebens­mitteln vor. Ob und wie ein Corona­mittel auf Grundlage dieser Phenole entwickelt werden kann, wird jetzt weiter untersucht.“

DESY / RK

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