03.12.2015

LISA auf dem rechten Pfad

LISA Pathfinder ist erfolgreich gestartet und soll die Technologie für den Nachweis von Gravitationswellen im All testen.

Mit nur einem Tag Verspätung startete eine der ehrgeizigsten Missionen der europäischen Weltraumorganisation ESA ins All: LISA Pathfinder, die den Weg zum Gravitationswellen-Observatorium eLISA („evolved Laser Interferometer Space Antenna“) ebnen soll.

An Bord einer Vega-Rakete hob LISA Pathfinder am 3. Dezember kurz nach 5 Uhr MEZ vom Weltraumbahnhof in Kourou ab. (Foto: ESA–Stephane Corvaja)

LISA Pathfinder wird sich nun für einige Tage auf einer Umlaufbahn um die Erde befinden, wo das System ersten Checks unterzogen wird. Dann kann sie zu ihrem eigentlichen Ziel aufbrechen, dem Lagrange-Punkt L1, auf dem sich LISA Pathfinder dann zwischen Sonne und Erde aufhält. Für den Weg dorthin sind insgesamt sechs Flugmanöver nötig, die zunächst nach und nach die Umlaufbahn anheben sollen. Der Weg führt auch durch den Strahlungsgürtel der Erde, der eine Gefahr für die empfindlichen Komponenten des Satelliten darstellt. Um eventuelle Schädigungen möglichst zu vermeiden, muss diese Passage besonders schnell erfolgen.

Kurz vor der Ankunft bei L1 wird das Antriebsmodul von LISA Pathfinder abgetrennt. „LISA Pathfinder befindet sich dann gewissermaßen auf der Spitze eines Hügels. Wir müssen konstant dafür sorgen, die Sonde vor dem Herabrollen zu bewahren“, sagt Florian Renk, ESA-Missionsanalyst für LISA Pathfinder. Dafür dienen Kaltgas-Mikronewton-Triebwerke, deren Schubkräfte im Bereich von Mikronewton liegen – dies entspricht der Gewichtskraft eines Sandkorns auf der Erde.

Herzstück von LISA Pathfinder ist die wissenschaftliche Nutzlast, die maßgeblich vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik entwickelt und gebaut wurde: In zwei separaten, etwa 40 Zentimeter voneinander entfernten Vakuumtanks befindet sich jeweils eine würfelförmige Testmasse von zwei Kilogramm. Während des Missionsbetriebs sollen diese (nahezu) frei von allen inneren und äußeren Störkräften schweben und so die präzise Vermessung einer kräftefreien Bewegung im Raum demonstrieren. Die Würfel bestehen aus einer speziellen Gold-Platin-Legierung, auf die keine magnetischen Kräfte wirken. Ein ausgeklügeltes Laserinterferometer vermisst die Positionen und die Ausrichtung der beiden Testmassen relativ zum Satelliten und zueinander mit bisher unerreichter Genauigkeit von etwa 10 Pikometern.

Im LISA Technology Package (LTP) wird der nahezu perfekte freie Fall zweier Testmassen in ihren Vakuumkammern vermessen und kontrolliert. (ESA/ATG medialab)

LISA Pathfinder kann selbst noch keine Gravitationswellen nachweisen, sondern soll die Funktionstüchtigkeit der dafür nötigen Technologie unter Beweis stellen. „Allerdings wird viel mehr getan als nur das Ganze anzuschalten und zu sagen: ‚Jawohl, funktioniert!‘ “, betont Karsten Danzmann vom MPI für Gravitationsphysik und Co-Principal Investigator für das LISA Pathfinder Technology Package. „LISA Pathfinder soll ein detailliertes Modell aller physikalischen Prozesse liefern, welche die Empfindlichkeit begrenzen“, sagt er. Dazu gehören die Eigengravitation, die Steifheit der elektrostatischen Aufhängung und der „Radiometer-Effekt“, der Einfluss winzigster Gasrestmengen innerhalb der Vakuumtanks.

Nach der Überprüfung aller Systeme soll die eigentliche Testphase in der ersten Jahreshälfte von 2016 stattfinden. Die Missionsdauer ist dabei auf sechs Monate angesetzt, jeweils drei davon für das „LISA Technology Package“ sowie für das „Disturbance Reduction System” der NASA, die eigentlich aus dem LISA-Projekt ausgestiegen war. Nun plant sie aber, wieder einzusteigen, was den Zeitplan beschleunigen könnte. „Derzeit ist der Start von eLISA für 2034 geplant. Der Starttermin ist vor allem durch den Mittelfluss begrenzt, technisch wäre auch 2028 möglich“, sagt Karsten Danzmann.

Drei baugleiche Satelliten sollen dann in einer stabilen Dreiecksformation ein gigantisches Laserinterferometer im All mit einer Armlänge von einer Million Kilometer bilden. Damit lassen sich Gravitationswellen mit sehr niedrigen Frequenzen „hören“, wie sie etwa superschwere Schwarze Löcher aussenden. „LISA wird Geschichte machen, indem es ein völlig neues Beobachtungsfenster ins All aufstößt“, ist Karsten Danzmann überzeugt.

Alexander Pawlak

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