21.10.2022 • Atome und Moleküle

Lichtgetriebene Molekülschaukel

Mit ultrakurzen Laserpulsen Atome von Molekülen in Schwingung versetzt und die Dynamik der Energieübertragung analysiert.

Trifft Licht auf Moleküle, wird es absorbiert und wieder abgegeben. Fortschritte in der Ultra­kurz­zeit-Laser-Technologie haben die Detail­genauig­keit bei der Unter­suchung solcher Licht-Materie-Wechsel­wirkungen stetig verbessert. FRS, eine Laser­spektro­skopie-Methode bei der das elektrische Feld von immer gleichen, sich Millionen Male pro Sekunde wieder­holenden Laserpulsen nach dem Durchgang durch die Probe zeit­auf­gelöst aufgenommen wird, ermöglicht jetzt noch tiefere Einblicke: Ein Forschungsteam unter der Leitung von Regina de Vivie-Riedle und Ioachim Pupeza von der Uni München zeigt jetzt erstmals in Theorie und Experiment, wie in der zeit­auf­gelösten Spektroskopie die Moleküle die Energie des Lichtpulses in jedem einzelnen optischen Zyklus schrittweise absorbieren und anschließend über einen längeren Zeitraum wieder abgeben und dadurch in spektro­skopisch verwert­bares Licht konvertieren. Die Studie beleuchtet die Mechanismen, die diesen Energie­transfer fundamental bestimmen. Außerdem wird ein detail­liertes quanten­chemisches Modell entwickelt und verifiziert, mit dem in Zukunft auch kleinste Abweichungen von linearem Verhalten quantitativ vorher­gesagt werden können.

Abb.: Im Labor von Ioachim Pupeza ver­misst sein Mit­arbeiter Philip Jacob...
Abb.: Im Labor von Ioachim Pupeza ver­misst sein Mit­arbeiter Philip Jacob das Licht­feld eines Mole­küls mit­hilfe von zeit­auf­ge­löster Spek­tro­skopie. (Bild: T. Naeser, atto­world, MPQ)

Wenn das elektro­magnetische Wechselfeld eines kurzen Laserpulses mit den Schwingungen zwischen den Atomen des Moleküls synchro­nisiert ist, nehmen diese Schwingungen immer mehr Energie aus dem Lichtpuls auf, und die Schwingung verstärkt sich. Wenn die anregenden Schwingungen vorüber sind, schwingt das Molekül noch eine Weile weiter. Dabei strahlen die sich bewegenden, leicht elektrisch geladenen Atome ein Lichtfeld ab. Die Schwingungs­frequenz ist dann durch Eigen­schaften des Moleküls wie atomare Massen und Bindungs­stärken bestimmt, was eine Identi­fi­zierung des Moleküls ermöglicht. Forscher des Attoworld-Teams am MPI für Quantenoptik und der Uni München haben diese beiden Bestandteile des Lichtfelds – einerseits die anregenden Lichtpulse und andererseits das Nachschwingen – mit zeitauf­gelöster Spektroskopie unter­schieden. Untersucht haben sie dabei das Verhalten von in Wasser gelösten organischen Molekülen.

„Während etablierte Laser­spektro­skopie-Methoden meist nur das Spektrum messen und damit keine Information über die zeitliche Verteilung der Energie zulassen, kann unsere Methode genau verfolgen, wie das Molekül bei jeder weiteren Schwingung des Lichtfelds ein wenig mehr Energie aufnimmt“, sagt Pupeza, der das Experiment leitete. Dass die Messmethode diese zeitliche Unter­scheidung zulässt, wird am besten dadurch deutlich, dass das Team das Experiment wiederholt, und dabei die Dauer des anregenden Pulses geändert hat, ohne aber dessen Spektrum zu ändern. Für den dynamischen Energie­transfer zwischen Licht und schwingendem Molekül macht das einen großen Unterschied: Abhängig von der zeitlichen Struktur des Laserpulses kann das Molekül dann während der Anregung mehrmals Energie aufnehmen und abgeben.

Um genau zu verstehen, welche Beiträge für den Energie­transfer ausschlag­gebend sind, haben die Forscher auf einem Super­computer ein quanten­chemisches Modell entwickelt. Dieses kann die Ergebnisse der Messungen ohne Zuhilfe­nahme von Messwerten erklären. „Das erlaubt uns, einzelne Effekte wie die Stöße der schwingenden Moleküle mit ihrer Umgebung, oder auch die dielektrischen Eigenschaften der Umgebung künstlich auszuschalten und so ihren Einfluss auf den Energie­transfer aufzuklären“ erläutert Team-Mitglied Martin Peschel.

Am Ende ist die während dem Nachschwingen wieder abgestrahlte Energie ausschlag­gebend dafür, wie viel Information aus einer spektro­skopischen Messung gewonnen werden kann. Die Arbeit leistet somit einen wert­vollen Beitrag, um die Effizienz optischer Spektro­skopien, etwa in Bezug auf molekulare Zusammen­setzungen von Fluiden oder Gasen, besser zu verstehen – mit dem Ziel diese immer weiter zu verbessern.

LMU / RK

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