04.12.2024

Infrarotsensor aus Quantenpunkten

Potenziell günstiger Detektor lässt sich auf eine optische Polymerfaser drucken.

Detektoren für Infrarot-Strahlung finden sich in Bewegungs­meldern, selbstfahrenden Autos, chemischen Analyse­geräten und Satelliten. Sie bestehen meistens aus einem kristallinen Halbleiter­material wie etwa Silizium und Elektronik zum Auslesen der Daten. Solche Halbleiter­materialien sind oft aufwändig in der Herstellung, die bei sehr hohen Temperaturen stattfinden muss und viel Energie verbraucht. Forschende der Empa in Dübendorf bei Zürich sind überzeugt: Das geht einfacher. Ein Team um Ivan Shorubalko arbeitet an miniaturi­sierten Infrarot-Detektoren aus kolloidalen Quantenpunkten.

Abb.: Illustration von IR-Detektoren aus Quantenpunkten auf einer optischen...
Abb.: Illustration von IR-Detektoren aus Quantenpunkten auf einer optischen Faser.
Quelle: Empa

Die Eigenschaften eines Materials hängen nicht nur von seiner Zusammensetzung ab, sondern auch von seiner Dimensionierung“, sagt Shorubalko. Wenn man aus einem Material kleinste Partikel herstellt, haben sie unter Umständen andere Eigenschaften, als größere Stücke desselben Materials. Für die Entdeckung und die Synthese dieser faszinierenden Kleinst­partikel erhielten Moungi Bawendi, Louis E. Brus und Alexey Ekimov 2023 den Nobelpreis in Chemie. Kolloidale Quantenpunkte liegen in einer Lösung vor und können mittels Rotations­beschichtung oder Druck auf unterschiedliche Materialien angebracht werden – günstiger, energieeffizienter und flexibler als konventionelle Halbleiter.


Maksym Kovalenko und seine Gruppe arbeiten seit über zehn Jahren an der Synthese von Quantenpunkten aus den unterschiedlichen Materialien. Shorubalko und sein Team stellen aus den Quantenpunkten funktionierende elektronische Komponenten. Bereits 2023 gelang es den Forschenden, einen Infrarot-Detektor aus Quantenpunkten auf eine optische Polymerfaser aufzudrucken – etwas, was mir herkömmlichen Infrarot-Detektoren nicht möglich ist. Eine mögliche Anwendung dieser Technologie wären smarte Textilien. „Der weltweite Textilmarkt ist größer als der Markt für Konsumenten­elektronik“, so Shorubalko. Von den flexiblen Infrarot-Detektoren könnten insbesondere Spezialtextilien profitieren, beispielsweise Funktions­bekleidung für Feuerwehr­leute oder medizinische Textilien für die Patientenüberwachung. Allerdings sieht Shorubalko auch viel Potenzial in der Mode: „Wenn Detektoren und andere elektronische Komponenten klein, günstig und einfach herzustellen sind, können wir auch unsere Alltagskleider damit funktionalisieren.“

Da jeder Detektor aus zahlreichen nur fünf Nanometer großen Quantenpunkten besteht, sind außerdem sehr kleine Detektoren möglich. Jüngst entwickelten die Forschenden einen Infrarot-Detektor, der kleiner ist als die Wellenlänge der Strahlung, die er misst. Das ermöglicht es, zusätzliche Eigenschaften des Infrarot­lichts zu erfassen, beispiels­weise Phase oder Interferenz, was den Detektor noch vielseitiger einsetzbar macht. Als nächstes will Shorubalko die Geschwindigkeit des Detektors verbessern. Schnelle Infrarot-Detektoren braucht es zum Beispiel für Lidar, die lichtbasierte Technologie zur Abstands­erkennung, die etwa selbstfahrenden Autos bei der Orientierung hilft. 

„Silizium-basierte Infrarot-Detektoren in Lidars messen Infrarot-Licht mit einer Wellenlänge von rund 905 Nanometern“, erklärt der Forscher. Das Problem: Diese Wellenlänge ist für das menschliche Auge zwar unsichtbar, aber bei hoher Leistung dennoch schädlich. Deshalb darf der Laser im Lidar nur schwach strahlen, was wiederum die Reichweite des gesamten Systems einschränkt. Detektoren für ungefährliche Wellenlängen existieren zwar, sind aber zu teuer, um großflächig zum Einsatz zu kommen. Ein schneller Detektor auf Quantenpunkt­basis könnte eine Alternative bieten und leistungsfähige, unschädliche und kostengünstige Lidar-Systeme ermöglichen.

„Solche Infrarot-Detektoren aus Quantenpunkten sind bereits auf dem Markt erhältlich“, sagt Shorubalko. „Ich habe noch nie eine Technologie erlebt, die den Sprung vom Labor in die Praxis so schnell geschafft hat.“ Nun gilt es die vielver­sprechende Technologie noch schneller, kostengünstiger, flexibler und nachhaltiger zu machen.

Empa / JOL

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