Gründe der Rauheit

Forscher untersuchen Ursprünge der Beschaffenheit von Oberflächen.

Die meisten natürlichen und künstlichen Ober­flächen sind rau. Metalle und selbst Gläser, die mit dem bloßen Auge glatt erscheinen, sehen unter dem Mikroskop aus wie Bergland­schaften. Es gibt derzeit keine einheit­liche Theorie über den Ursprung dieser Rauheit, die auf jeder Größen­skala, von atomaren bis zu tekto­nischen Abständen, beobachtet wird. Wissen­schaftler vermuten, dass sich die raue Ober­fläche durch irrever­sible plastische Verformungen bildet, die bei vielen Prozessen der mechanischen Bearbeitung von Bauelementen wie zum Beispiel dem Fräsen auftritt. Lars Pastewka von der Uni Freiburg hat mit einem Team eine solche mechanische Belastung in Computer­simulationen nach­ge­stellt. Dabei fanden die Forscher heraus, dass Flächen aus unter­schied­lichen Materialien, welche mit verschiedenen Methoden plastisch verformt werden, stets Ober­flächen­rauig­keit mit iden­tischen statis­tischen Eigen­schaften entwickeln.

Abb.: Flächen aus unterschiedlichen Materialien entwickeln stets...
Abb.: Flächen aus unterschiedlichen Materialien entwickeln stets Oberflächenrauigkeit mit identischen statistischen Eigenschaften. (Bild: ALU)

Geologische Oberflächen wie beispiels­weise Berg­land­schaften entstehen durch mechanische Verformung, die dann zu Prozessen wie Bruch oder Verschleiß führt. Technische Ober­flächen durch­laufen typischer­weise viele Schritte der Form­gebung und Veredelung, wie das Polieren, Läppen und Schleifen, erklärt Pastewka. Die meisten dieser Ober­flächen­verände­rungen, ob natürlich oder technisch, führen zu plastischen Verformungen auf der kleinsten atomaren Längen­skala. „Selbst an Riss­spitzen der meisten spröden Materialien wie Gläsern findet man eine endliche Prozess­zone, in der das Material plastisch verformt wird“, sagt Pastewka. „Rauheit auf diesen kleinsten Skalen ist wichtig, da sie die Kontakt­fläche und damit Haftung, Leit­fähig­keit und andere funktio­nelle Eigen­schaften von Ober­flächen im Kontakt steuert.“

In Zusammenarbeit mit Kollegen des Karlsruher Instituts für Techno­logie, der École Poly­technique Fédérale de Lausanne in der Schweiz und der Sandia National Laboratories in den USA konnte Pastewka mit seiner Arbeits­gruppe am Groß­rechner JUQUEEN des Jülich Super­computing Centres die Ober­flächen­topo­graphie für drei Referenz­material­systeme simulieren: für einkristal­lines Gold, eine Hoch­entropie­legierung aus Nickel, Eisen und Titan, sowie das metal­lische Glas Kupfer-Zirkon, bei dem die Atome keine geordneten Strukturen, sondern ein unregel­mäßiges Muster bilden. Für jedes dieser drei Materialien ist bekannt, dass sie eine andere mikro­mecha­nische oder molekulare Eigen­schaft aufweisen. Die Wissen­schaftler unter­suchten nun den Mechanismus der Verformung und die daraus resul­tie­renden Verände­rungen im atomaren Maßstab sowohl inner­halb des Fest­körpers als auch an deren Ober­fläche.

Dabei stellte das Team fest, dass trotz ihrer unter­schied­lichen Strukturen und Material­eigen­schaften alle drei Systeme, wenn sie komprimiert werden, raue Ober­flächen mit einer selbst­affinen Topo­graphie entwickeln. Das bedeutet: Die Systeme haben identische geometrische Strukturen, unabhängig davon, auf welcher Skala sie beobachtet werden: Ober­flächen­topo­graphie in einem virtuellen Mikroskop auf Nano­metern ist nicht von der Struktur von Berg­land­schaften auf der Skala von Kilo­metern zu unter­scheiden. „Das ist eine Erklärung dafür“, so Pastewka, „warum in Experi­menten eine nahezu univer­selle Struktur von Ober­flächen­rauheit beobachtet wird.“

ALU / RK

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