Erderwärmung beeinträchtigt astronomische Beobachtungen
Bei der Standortwahl für Teleskope der nächsten Generation muss der anthropogene Klimawandel berücksichtigt werden.
Die Qualität bodengebundener astronomischer Beobachtungen hängt entscheidend von der Klarheit der Atmosphäre über dem Ort ab, von dem aus sie gemacht werden. Die Standorte für Teleskope werden daher sehr sorgfältig ausgewählt. Sie werden oft hoch über dem Meeresspiegel gebaut, so dass weniger Atmosphäre zwischen ihnen und ihren Zielen steht. Viele Teleskope werden auch in Wüsten gebaut, da Wolken und sogar Wasserdampf eine klare Sicht auf den Nachthimmel behindern. Ein Team von Forschern unter der Leitung der Uni Bern zeigt jetzt in einer Studie, wie der menschgemachte Klimawandel selbst unseren Blick in den Kosmos beeinträchtigt.
„Obwohl Teleskope in der Regel eine Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten haben, werden bei der Standortwahl die atmosphärischen Bedingungen nur für einen kurzen Zeitraum berücksichtigt. In der Regel sind das die letzten fünf Jahre – zu kurz, um langfristige Trends zu erfassen, geschweige denn zukünftige Veränderungen durch die globale Erwärmung abzubilden“, sagt Caroline Haslebacher von der Uni Bern. Das Forschungsteam hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, diese langfristige Perspektive aufzuzeigen.
Die Analyse künftiger Klimatrends, die auf hochauflösenden globalen Klimamodellen basieren, zeigt, dass bedeutende astronomische Observatorien von Hawaii bis zu den Kanarischen Inseln, Chile, Mexiko, Südafrika und Australien bis 2050 wahrscheinlich einen Anstieg der Temperatur und des atmosphärischen Wassergehalts erleben werden. Das wiederum könnte zu einem Verlust an Beobachtungszeit und einem Qualitätsverlust der durchgeführten Beobachtungen führen.
„Heutzutage sind astronomische Observatorien auf die aktuellen Standortbedingungen ausgelegt und haben nur wenige Möglichkeiten zur Anpassung. Mögliche Folgen der klimatischen Bedingungen für die Teleskope sind daher etwa ein erhöhtes Kondensationsrisiko durch einen erhöhten Taupunkt oder schlecht funktionierende Kühlsysteme, die dann zu mehr Luftturbulenzen in der Teleskopkuppel führen können“, sagt Haslebacher.
Dass die Auswirkungen des Klimawandels auf Observatorien bisher nicht berücksichtigt wurden, war kein Versehen, sondern lag nicht zuletzt am Stand der Technik. „Es ist das erste Mal, dass eine solche Studie überhaupt möglich war“, so Marie-Estelle Demory von der ETH Zürich. „Dank der höheren Auflösung der globalen Klimamodelle, die im Rahmen des Horizon 2020-Projekts PRIMAVERA entwickelt wurden, konnten wir die Bedingungen an verschiedenen Orten des Globus sehr genau untersuchen – etwas, das wir mit herkömmlichen Modellen nicht tun konnten.“
„Das erlaubt es uns nun mit Sicherheit zu sagen, dass bei der Standortwahl für Teleskope der nächsten Generation, beim Bau und bei der Wartung von astronomischen Einrichtungen der anthropogene Klimawandel berücksichtigt werden muss“, betont Haslebacher.
U. Bern / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. Haselbacher et al.: Impact of climate change on site characteristics of eight major astronomical observatories using high-resolution global climate projections until 2050, Astron. Astroph. 665, A149 (2022); DOI: 10.1051/0004-6361/202142493 - Nationaler Forschungsschwerpunkt PlanetS, Universität Bern, Schweiz