27.10.2021 • BiophysikMedizinphysik

Dunkelfeld-Röntgen verbessert Diagnose von Lungenerkrankungen

Neues Röntgenverfahren erstmalig erfolgreich bei Patienten eingesetzt.

Typisch für die lebens­gefährliche chronisch obstruktive Lungen­erkrankung COPD sind teilweise zerstörte Lungen­bläschen und eine Aufblähung der Lunge. In normalen Röntgen­aufnahmen sind die feinen Unter­schiede im Gewebe jedoch kaum sichtbar. Detail­lierte diagnostische Informationen liefern erst fort­schritt­liche medizinische Bildgebungs­technologien, bei denen im Computer viele Einzel­bilder zusammen­gesetzt werden. Eine schnelle und kosten­günstige Option mit geringer Strahlen­belastung für Früh­erkennung und Nach­unter­suchungen fehlt bisher. Diese Lücke könnte ein an der TU München entwickeltes Verfahren schließen: das Dunkelfeld-Röntgen. Ein Forschungs­team um Franz Pfeiffer, Professor für bio­medizinische Physik an der TUM, präsentiert jetzt Ergebnisse einer ersten klinischen Studie mit Patienten, bei der die neue Röntgen-Technologie zur Diagnose der COPD eingesetzt wurde.

Abb.: Das Dunkel­feld-Röntgen­ver­fahren macht frühe Ver­ände­rungen in...
Abb.: Das Dunkel­feld-Röntgen­ver­fahren macht frühe Ver­ände­rungen in der Alveolar­struktur in­folge der Lungen­krank­heit COPD sicht­bar. Franz Pfeiffer hofft, damit die Früh­er­ken­nung von Lungen­krank­heiten deut­lich zu ver­bessern. (Bild: A. Hedder­gott, TUM)

Die konventionelle Röntgen-Bildgebung beruht auf der Abschwächung des Röntgen­lichts auf seinem Weg durch das Gewebe. Die Dunkelfeld-Technologie dagegen nutzt Anteile des Röntgen­lichts, die gestreut werden und beim konven­tio­nellen Röntgen unbeachtet bleiben. Die neue Methode nutzt damit das physika­lische Phänomen der Streuung auf ähnliche Weise wie die schon länger bekannte Dunkel­feld­mikro­skopie mit sichtbarem Licht: Diese macht es möglich, Strukturen weitgehend trans­parenter Objekte sichtbar zu machen. Im Mikroskop erscheinen sie als helle Strukturen vor einem dunklen Hinter­grund, was der Methode ihren Namen verleiht.

„An Grenzflächen zwischen Luft und Gewebe beispiels­weise ist die Streuung des Röntgen­lichts besonders stark“, erklärt Pfeiffer. „Dadurch lassen sich in einem Dunkel­feld­bild der Lunge Bereiche mit intakten, also luft­ge­füllten, Lungen­bläschen klar von Regionen unter­scheiden, in denen weniger intakte Lungen­bläschen vorhanden sind.“

Eine Untersuchung mit der Dunkelfeld-Röntgen-Technik ist außerdem mit einer deutlich geringeren Strahlen­dosis verbunden als die heute verwendete Computer­tomografie. Denn sie erfordert nur eine einzelne Aufnahme pro Patient, während für die Computer­tomografie zahl­reiche Einzel­aufnahmen aus verschiedenen Richtungen erstellt werden müssen.

„Wir rechnen mit einer um den Faktor Fünfzig reduzierten Strahlen­belastung“, sagt Pfeiffer. Darüber hinaus haben die ersten klinischen Ergebnisse bestätigt, dass das Dunkelfeld-Röntgen zusätzliche bildliche Informa­tionen über die zugrunde­liegende Mikro­struktur der Lunge liefert. Angesichts des engen Zusammen­hangs zwischen der Alveolar­struktur und dem funktio­nellen Zustand der Lunge ist diese Fähigkeit für die Lungen­heil­kunde von großer Bedeutung. In Zukunft könnte das Dunkelfeld-Röntgen so zu einer besseren Früh­erkennung von COPD und anderen Lungen­erkrankungen beitragen.

Pfeiffer hofft, mit diesen ersten klinischen Ergebnissen an Patienten die Durch­führung weiterer klinischer Studien und die Entwicklung markt­fähiger Geräte zu beschleunigen, die die Dunkelfeld-Methode nutzen. „Mit der Dunkelfeld-Röntgen-Technologie haben wir aktuell eine Chance, die Früh­erkennung von Lungen­krank­heiten deutlich zu verbessern und gleich­zeitig auch breiter als bisher einzu­setzen,“ betont Pfeiffer. Da die Dunkelfeld-Bildgebung nicht auf COPD beschränkt ist, sind auch weitere trans­lationale Studien zu anderen Lungen­pathologien wie Fibrose, Pneumo­thorax, Lungen­krebs und Lungen­entzündung, einschließlich COVID-19, von großem Interesse.

TUM / RK

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