17.01.2025

Den Wellen eines Elektronensees beim Schwingen zusehen

Ultraschnelle Oberflächenwellen in Graphen beobachtet und kontrolliert.

Wirft man einen Stein ins Wasser, so breiten sich kreisförmig Wellen aus und werden reflektiert. Ein ähnliches Phänomen haben Forscher der Uni Regensburg gemeinsam mit Kollegen von Instituten in Mailand und Pisa mit einer der schnellsten Zeitlupenkameras auf der Nanoskala nicht auf Wasser, sondern auf einem Elektronensee beobachtet.

Abb.: Künstlerische Darstellung einer Oberflächenplasmon-Polariton-Welle.
Abb.: Künstlerische Darstellung einer Oberflächenplasmon-Polariton-Welle (goldene Oberflächenwelle), die unter einer scharfen Metallspitze auf einer atomar dünnen Graphenschicht (hexagonales Kugel-Stab-Modell) generiert wird.
Quelle: S. Anglhuber, U. Regensburg

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Grundsätzlich findet man solche Elektronenseen an Oberflächen von Metallen oder Materialien mit metallähnlichen Eigenschaften. In ihrem Fall war das Graphen, ein zweidimensionales Material, das nur aus einer einzigen Lage Kohlenstoffatomen besteht. Statt eines Steines nutzten die Wissenschaftler Laserimpulse, die sie auf eine scharfe metallische Spitze fokussierten, die sich unmittelbar über besagter Materialoberfläche befindet.

„Das Licht versetzt dann die Elektronen in der Spitze in Schwingung“, erklärt Simon Anglhuber von der Uni Regensburg. „Die Schwingungen, die dadurch entstehen, üben eine Kraft auf die Elektronen im Graphen aus. Diese Bewegung sorgt dafür, dass sich unter der Spitze eine kreisförmige Elektronen-Dichte-Welle im Graphen ausbreitet.“ Diese Welle kann an den Kanten der Probe reflektieren und wieder zurück zur Spitze laufen. Die Reflektion lässt sich dann direkt optisch vermessen, indem man die Elektronenwelle in einem umgekehrten Prozess wie zuvor wieder in Licht umwandelt. Wenn man die Spitze äußerst präzise über die Probe bewegt, kann man einen Film aufnehmen, der zeigt, wie die Welle zu jedem Zeitpunkt an unterschiedlichen Orten schwingt.
 
 Im Gegensatz zu bisherigen Studien erlaubt es die neue Technik, die Ausbreitung dieser Elektronenwellen direkt in Raum und Zeit zu verfolgen. Das gelang mit einer Auflösung im Nanometerbereich, sowie mit einer Zeitauflösung im Femtosekundenbereich. In Bezug auf die zeitliche Auflösung ist die angewendete Methode vergleichbar mit einer ultraschnellen Zeitlupenkamera mit einer Bildrate von über 10 Billionen Bildern pro Sekunde.

Das Ergebnis ist eine hochpräzise Analyse der Wellenbewegung, einschließlich ihrer Geschwindigkeit, Dämpfung und Frequenz, ohne aufwändige rechnerische Transformationen. Insbesondere konnten die Forscher einen Unterschied zwischen der Ausbreitung des Schwerpunkts der Welle im Vergleich zu der Ausbreitung der einzelnen Wellenberge und Täler beobachten. Durch ein exaktes Vermessen dieser beiden Geschwindigkeiten lassen sich Rückschlüsse auf die Eigenschaften des Materials ziehen, in welchem sich die Wellen ausbreiten.
 Im Experiment verglichen die Forscher Graphen-Proben aus unterschiedlichen Herstellungsmethoden und fanden gravierende Unterschiede in der Ausbreitung der Wellen, die sich auf eine unterschiedliche Qualität der Proben zurückführen ließ. Das hilft für die weitere Entwicklung besserer Proben, die in optoelektronischen Geräten, wie zum Beispiel hochsensitiven Lichtsensoren, genutzt werden können. Besonders bemerkenswert ist, dass die Methode auch für stark gedämpfte Elektronenwellen im Terahertz- und mittleren Infrarotbereich funktioniert – einem Bereich zwischen dem 5G Netz und sichtbarem Licht, der bisher schwer zugänglich ist.
 
 Als abschließenden Schritt nutzten die Forscher noch einen weiteren Laserimpuls, um den Elektronensee in der Graphen Probe gezielt zu stören, während sich die Elektronenwelle ausbreitete. Die Forscher konnten damit die Welle selektiv abschwächen, sobald sie den zweiten Laserimpuls einschalteten. Dadurch kann man den Wellen nicht nur zusehen und etwas über das Material in seiner statischen Form lernen, sondern auch Einfluss nehmen und die Materialeigenschaften ultraschnell verändern. Diese direkte Kontrolle von Elektronen-Dichte-Wellen könnte ein entscheidender Schritt sein, um neue elektronische Elemente zu bauen, deren Taktraten um mehr als das Tausendfache schneller sein könnten als in derzeitiger Elektronik.

U. Regensburg / RK

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