12.08.2021 • KernphysikEnergie

Das Konzept von Wendelstein 7-X bewährt sich

Teil der Optimierungsstrategie experimentell bestätigt.

Eines der wichtigsten Optimierungs­ziele, die der Fusions­anlage Wendelstein 7-X am MPI für Plasma­physik in Greifswald zugrunde liegen, wurde jetzt bestätigt. Eine Analyse von Wissen­schaftlern des IPP zeigt: In dem optimierten Magnet­feld­käfig sind die Energie­verluste des Plasmas in gewünschter Weise reduziert. Wendelstein 7-X soll beweisen, dass die Nachteile früherer Stellaratoren überwindbar und Anlagen vom Typ Stellarator kraft­werks­tauglich sind.

Abb.: Das Magnet-System von Wendel­stein 7-X. Fünfzig supra­leitende...
Abb.: Das Magnet-System von Wendel­stein 7-X. Fünfzig supra­leitende Magnet­spulen erzeugen den magne­tischen Käfig zum Ein­schluss des Plasmas. In den ver­wun­denen Spulen­formen hat die rech­ne­rische Opti­mie­rung Gestalt ge­wonnen. (Bild: IPP)

Der optimierte Stellarator Wendelstein 7-X, der vor fünf Jahren in Betrieb ging, soll zeigen, dass Fusions­anlagen vom Typ Stellarator kraftwerks­tauglich sind. Das Magnetfeld, welches das heiße Plasma einschließt und von den Gefäß­wänden fernhält, wurde dazu mit großem Theorie- und Rechen­aufwand so geplant, dass die Nachteile früherer Stellaratoren vermieden werden. Dabei war es eines der wichtigsten Ziele, die Energie­verluste des Plasmas zu senken, die durch die Wellig­keit des Magnet­feldes zustande kommen. Sie ist dafür verantwortlich, dass Plasma­teilchen trotz ihrer Bindung an die magnetischen Feldlinien nach außen driften und verloren gehen.

Anders als bei den konkur­rie­renden Anlagen vom Typ Tokamak, für die dieser neo­klassische Energie- und Teilchen­verlust kein großes Problem ist, ist er bei konven­tion­ellen Stellaratoren ein ernster Schwach­punkt. Er lässt die Verluste mit steigender Plasma­temperatur so stark anwachsen, dass ein auf dieser Basis geplantes Kraftwerk sehr groß und damit sehr teuer wäre.

In Tokamaks dagegen sind – dank ihrer symmetrischen Gestalt – die Verluste durch die Welligkeit des Magnet­felds nur gering. Hier werden die Energie­verluste im Wesent­lichen durch kleine Wirbel­bewegungen im Plasma bestimmt, durch Turbulenz – die als Verlust­kanal auch bei Stellaratoren hinzukommt. Um an die guten Einschluss­eigen­schaften der Tokamaks aufzu­schließen, ist daher die Absenkung der neo­klassischen Verluste eine wichtige Aufgabe für die Stellarator- Optimierung. Entsprechend wurde das Magnetfeld von Wendelstein 7-X für ausreichend geringe Verluste konzipiert.

Ob dies den gewünschten Erfolg bringt, untersuchten Wissen­schaftler um Craig Beidler vom IPP in einer genauen Analyse der bisherigen experi­men­tellen Ergebnisse. Mit den bislang zur Verfügung stehenden Heiz­apparaturen konnte Wendelstein 7-X bereits Hoch­temperatur-Plasmen erzeugen und den Stellarator-Weltrekord für das Fusions­produkt bei hoher Temperatur aufstellen. Dieses Produkt aus Temperatur, Plasmadichte und Energie­einschluss­zeit gibt an, wie nahe man den Werten für ein brennendes Plasma kommt.

Ein solches Rekord-Plasma wurde nun genauer analysiert. Bei hohen Plasma­temperaturen und niedrigen turbulenten Verlusten ließen sich hier die neo­klassischen Verluste in der Energie­bilanz gut aufspüren: Sie machten 30 Prozent der Heiz­leistung aus, ein beträcht­licher Teil der Energie­bilanz.

Die Wirkung der neoklassischen Optimierung von Wendelstein 7-X zeigt ein Gedanken­experiment: Angenommen wurde, dass die gleichen Plasmawerte und -profile, die bei Wendelstein 7-X zu dem Rekord­ergebnis führten, auch in Anlagen mit weniger optimiertem magnetischen Feld erreicht wurden. Dann wurden die dort zu erwartenden neo­klassischen Verluste berechnet – mit eindeutigem Ergebnis: Sie wären größer als die Heizleistung, was eine physikalische Unmöglichkeit ist. „Das zeigt“, so Per Helander, der den Bereich Stellarator-Theorie leitet, „dass die in Wendelstein 7-X beobachteten Plasma­profile nur in Magnet­feldern mit geringen neo­klassischen Verlusten denkbar sind. Umgekehrt ist damit bewiesen, dass die Optimierung des Wendelstein-Magnet­felds die neo­klassischen Verluste erfolgreich absenkt“.

Allerdings waren die Plasma­ent­ladungen bislang nur kurz. Um die Leistungs­fähig­keit des Wendelstein-Konzepts im Dauer­betrieb zu testen, wird zurzeit eine wasser­gekühlte Wand­ver­kleidung eingebaut. So ausgerüstet, wird man sich schritt­weise an dreißig Minuten lange Plasmen heran­arbeiten. Dann lässt sich über­prüfen, ob Wendelstein 7-X seine Optimierungs­ziele auch im Dauer­betrieb – dem wesent­lichen Plus der Stellaratoren – erfüllen kann.

IPP / RK

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