06.05.2019 • Teilchenphysik

Auch Positronen interferieren

Erster Nachweis von Antimateriewellen mit Interferenz-Experiment.

Gemäß den Gesetzen der Quantenphysik weisen die Bausteine der Materie nicht nur die Eigenschaften von Teilchen, sondern auch diejenigen von Wellen auf. Dieser Welle-Teilchen-Dualismus wurde bereits 1924 vom französischen Physiker Louis de Broglie postuliert. Die Existenz des Wellenverhaltens von Materie wurde seither erfolgreich in verschiedenen Experimenten mit Elektronen und Neutronen sowie auch mit komplexerer Materie bis hin zu großen Molekülen nachgewiesen. Auch bei Antimaterie-Teilchen kann der Welle-Teilchen-Dualismus nachgewiesen werden – das gelang bereits mit Beugungsexperimenten. Jetzt gelang es Forschern der internationalen QUPLAS-Kollaboration erstmals, Antimateriewellen auch anhand von einzelnen Positronen mit einem Interferenz-Experiment nachzuweisen.

Abb.: Das Talbot-Lau-Interferometer der QUPLAS-Kollaboration im Positronenlabor...
Abb.: Das Talbot-Lau-Interferometer der QUPLAS-Kollaboration im Positronenlabor des Politecnico di Milano in Como. (Bild: U. Bern)

Zur QUPLAS-Kollaboration gehören Forscher der Uni Bern in der Schweiz und des Politecnico di Milano in Italien. Um den Welle-Teilchen-Dualismus von einzelnen Positronen nachzuweisen, führten sie ein Experiment durch, das dem Doppelspalt-Experiment ähnlich ist. Dabei werden Teilchen von einer Quelle aus auf einen Detektor-Schirm geschossen. Dazwischen befindet sich eine Platte mit zwei oder mehreren Spalten, durch die die Teilchen hindurchfliegen können. Wenn sich die Teilchen wie Teilchen verhalten, zeigt sich auf dem Schirm ein Muster aus Streifen, das der Anzahl Spalten entspricht. Wenn sich die Teilchen jedoch wie Wellen verhalten, zeigt sich auf dem Schirm ein Interferenzmuster, bestehend aus mehr Streifen als Spalten. Dieses Muster entsteht, weil sich die von der Quelle ausgehenden Wellen gegenseitig überlagern.

Den QUPLAS-Forschenden gelang es erstmals in einem solchen Experiment, ein Interferenzmuster von Antimaterie­wellen nachzuweisen. Sie nutzen dazu ein innovatives Talbot-Lau-Interferometer mit einer Kernemulsionsplatte als ortsempfindlichen Detektor für die auftreffenden Teilchen. „Mit der Kernemulsion konnten wir den Auftreffpunkt der einzelnen Positronen sehr exakt bestimmen und so das Interferenzmuster auf den Mikrometer genau rekonstruieren“, erklärt Ciro Pistillo von der Uni Bern. Damit konnten die Forscher zwei große Hindernisse von Antimaterieexperimenten überwinden: den geringen Antiteilchenfluss und die komplexe Manipulation der Antiteilchen-Strahlung.

„Unsere Beobachtung der Energieabhängigkeit des Interferenzmusters beweist eindeutig dessen quantenmechanischen Ursprung und somit das Wellenverhalten der Positronen », sagt Paola Scampoli von der Uni Bern. Der Erfolg des Experiments ebnet den Weg zu einem neuen Untersuchungsfeld auf der Grundlage von Antimaterie-Interferometrie. Ein Ziel dabei sind beispielweise Gravitationsmessungen mit exotischen Atomen wie Positronium, das aus einem Elektron und einem Positron besteht. Damit könnte die Gültigkeit des schwachen Äquivalenzprinzips für die Antimaterie überprüft werden. Dieses Prinzip ist die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie und wurde noch nie mit Antimaterie geprüft. Künftige Forschungsfelder auf Basis der Antimaterie-Interferometrie könnten einst Aufschluss liefern über das Ungleichgewicht von Materie und Antimaterie im Universum.

U. Bern / RK

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