22.04.2022 • Quantenoptik / PhotonikLaser

Atomare Terahertz-Schwingungen lösen Rätsel ultrakurzer Solitonen-Moleküle

Mechanismus beruht auf Raman-Streuung und Selbstfokussierung.

Optische Solitonen – stabile Pakete von Licht­wellen – werden in Ultra­kurz­puls-Lasern als Kette von Licht­blitzen ausge­strahlt. Die Solitonen verbinden sich dabei oft zu Paaren mit sehr kurzen zeit­lichen Abständen. Anhand von atomaren Schwingungen im Terahertz-Bereich hat ein Forscher­team der Univer­sitäten Bayreuth und Breslau jetzt das Rätsel gelöst, wie diese zeit­lichen Verknüpfungen entstehen. Die Dynamik der aneinander gekoppelten Licht­pakete lässt sich nutzen, um Atom­schwingungen als charak­te­ristische „Finger­abdrücke“ von Materialien extrem schnell zu vermessen.

Abb.: Kopp­lung zweier ultra­kurzer Soli­tonen, die zwischen den Spiegeln...
Abb.: Kopp­lung zweier ultra­kurzer Soli­tonen, die zwischen den Spiegeln eines Laser­reso­nators um­her­laufen: Der erste Licht­blitz regt die Atome des Laser­kristalls zu Schwin­gun­gen an, der fol­gende Blitz wird davon be­ein­flusst und auf sta­bilem Ab­stand ge­halten. (Bild: G. Herink, U. Bayreuth)

In Ultrakurzpuls-Lasern können optische Solitonen besonders enge räumliche und zeitliche Verbindungen eingehen. Sie werden auch als ultrakurze „Solitonen-Moleküle“ bezeichnet, weil sie ähnlich wie die chemisch gebundenen Atome eines Moleküls stabil aneinander gekoppelt sind. Die Forscher der Uni Bayreuth verwendeten einen weit­ver­breiteten Fest­körper­laser aus einem mit Titan­atomen versehenen Saphir­kristall, um heraus­zu­finden, wie diese Kopplung entsteht. Zunächst bewirkt ein einzelner voraus­eilender Lichtblitz, dass die Atome im Kristall­gitter des Saphirs in ultra­schnelle Schwingungen geraten.

Diese charakteristischen Schwingungen liegen im Tera­hertz­bereich und klingen innerhalb von wenigen Piko­sekunden wieder ab. In dieser kurzen Zeitspanne ändert sich der Brechungs­index des Kristalls. Folgt nun unmittelbar ein zweiter Lichtblitz und holt den ersten ein, so spürt er diese Veränderung: Er wird von den Atom­schwingungen nicht nur leicht beeinflusst, sondern auch stabil an das voraus­gehende Soliton gebunden. Ein „Solitonen-Molekül“ ist geboren.

„Der von uns entdeckte Mechanismus beruht auf den physi­ka­lischen Effekten der Raman-Streuung und Selbst­fokus­sierung. Er erklärt eine Vielzahl von Phänomenen, die der Wissen­schaft seit der Erfindung von Titan-Saphir-Lasern vor über dreißig Jahren Rätsel aufgegeben haben“, erläutert Georg Herink von der Uni Bayreuth. „Das besonders Spannende an der Entdeckung ist dabei, dass wir die Dynamik der Solitonen während ihrer Erzeugung im Laser­resonator jetzt dazu ausnutzen können, um atomare Bindungen in Materialien extrem schnell abzutasten. Die gesamte Messung eines Intra­cavity-Raman-Spektrums dauert jetzt weniger als eine tausendstel Sekunde.“

Diese Erkenntnisse können dazu beitragen, besonders schnelle chemisch sensitive Mikroskope zu entwickeln, mit denen Materialien identi­fi­ziert werden können. Darüber hinaus eröffnet der Kopplungs­mecha­nismus neue Strategien, um Lichtpulse durch Atom­bewegungen zu steuern und umgekehrt einzig­artige Material­zustände durch Lichtpulse zu erzeugen.

Parallel zur Analyse experimenteller Daten ist es den Forschern gelungen, ein theore­tisches Modell für die Solitonen­dynamik zu entwickeln. Das Modell ermöglicht es, die in Experi­menten gewonnenen Beobach­tungen zu erklären und neuartige Effekte von Atom­schwingungen auf die Dynamik von Solitonen vorher­zu­sagen. Die Wechsel­wirkungen von Solitonen in optischen Systemen und ihre Anwendungen für die Hoch­geschwin­dig­keits-Spektro­skopie werden gegen­wärtig im Rahmen des DFG-Forschungs­projekts FINTEC an der Uni­ver­sität Bayreuth unter­sucht.

U. Bayreuth / RK

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