08.01.2025 • Quantum2025

Filmkritik: Tracing Light

Tracing Light (2024), Regie: Thomas Riedelsheimer, D, 99 Minuten: Verleih: Piffl Medien (Kinostart 16. Januar 2025)

Thomas Riedelsheimer

„Jeder glaubt zu wissen, was Licht ist. Aber dann gräbt man ein bisschen tiefer und merkt, dass man keine Ahnung hat“, resümiert der Quantenphysiker Daniele Faccio, einer der Protagonisten des Dokumentarfilms „Tracing Light“. Er hat sicher recht, denn mit der Frage „Was ist Licht?“ lassen sich auch versierte Physikerinnen und Physiker aus dem Konzept bringen.

An dieser Stelle befindet sich ein eingebundenes Video von Youtube.

Durch die Darstellung werden personenbezogene Daten (wie IP-Adresse) an Youtube übertragen.

Bitte lesen Sie die Datenschutzbestimmungen um genaue Informationen zu erhalten.

Regisseur Thomas Riedelsheimer ist bekannt für seine einfühlsamen Filmporträts von Künstler:innen wie dem Natur-Künstler Andy Goldsworthy („Rivers and Tides“, 2002; und „Leaning into the Wind“, 2017) und der gehörlosen Perkussionistin Evelyn Glennie („Touch the Sound“, 2004). Sein neuer Film knüpft daran an, indem er etwa die britische Land-Art-Künstlerin Julie Brook bei ihrer Arbeit zeigt, in der sie sich intensiv mit dem Wechselspiel von Licht, Farbe, Elementen und Landschaft auseinandersetzt.

Doch statt einen weiteren Porträtfilm zu kreieren, bringt Riedelsheimer Künstler:innen mit Physiker:innen in Kontakt, um den profunden Fragen, die sich um das Licht ranken, auf die Spur zu kommen. So begegnet das Künstlerduo „semiconductor“, das sind Ruth Jarman und Joe Gerhardt, dem erwähnten Daniele Faccio von der „Extreme Light“-Forschungsgruppe an der Universität Glasgow. Faccio, der sich in seiner Forschung etwa mit dem Erzeugen von Hawking-Strahlung im Labor befasst hat, arbeitet derzeit an neuen Bildgebungsmethoden für das menschliche Gehirn. Auf erfrischend unkomplizierte Weise veranschaulicht er im Film den Welle-Teilchen-Dualismus des Lichts.

Aus dieser Begegnung entstand das Kunstprojekt „Light in Motion“, das mit speziellen Kameras (single-photon avalanche diode cameras) versucht, die Ausbreitung von Licht in einem Raum Photon für Photon aufzuzeichnen und so gewissermaßen Licht fast mit Lichtgeschwindigkeit zu beobachten. Jarman und Gerhardt möchten so eine neue Art des Sehens in einem Raum außerhalb der Zeit ermöglichen. Wem das esoterisch vorkommt, der möge sich an Einsteins Vorstellung eines Ritts auf einem Lichtstrahl erinnern, der einer der Ausgangspunkte für die Entwicklung seiner Speziellen Relativitätstheorie war.

Hier zeigen sich die Stärken von Thomas Riedelsheimers Films, der seinen angenehm unaufgeregten, aber authentisch neugierigen Protagonisten Zeit gibt, um sich im Gespräch mit tiefschürfenden Fragen über das Licht zu befassen, für die er immer wieder passende und originelle Bilder findet.

Das gelingt ihm auch beim Physiker Pascal Del’Haye vom Max-Planck-Institut für die Physik des Lichts in Erlangen, der im extravaganten strahlendweißen Foyer des Instituts auf das Künstlerduo Brunner/Ritz trifft, die sich zum Kunstwerk Black Hole Sun inspirieren lassen. Johannes Brunner und Raimund Ritz plaudern zwanglos mit Del’Haye und weiteren Physiker:innen beim Spiel mit einem „Licht-Kicker“. In entspannter Beiläufigkeit rührt das Gespräch an viele rätselhafte Aspekte des Lichts.

Mehr Licht!

Photo
Robert Fickler • 2/2023 • Seite 29

Strukturierte Photonen

Photo
Markus Gräfe • 6/2022 • Seite 40

Spukhafte Erscheinungen

Photo
Gerd Leuchs • 9/2018 • Seite 61

Licht auf den Punkt gebracht

Klaus Vamberszky und Sabine Wick • 1/2010 • Seite 43

Licht zum Wohlfühlen

Wie ein roter Faden ziehen sich die künstlerischen Arbeiten und Reflexionen von Julie Brook durch den Film. Ihre Faszination für Licht speist sich aus dem individuellen Naturerlebnis und nicht aus den nachprüfbaren physikalischen Experimenten im Labor. Ihre Äußerungen sind sehr eindrücklich und klischeefrei. Man spürt, wie intensiv sie sich mit der Wahrnehmung und Wirkung von Farbe und Licht auseinandersetzt.

Riedelsheimer setzt dazu immer wieder Lichtspiele in Szene, die sich in ganz alltäglichen Situationen beobachten lassen. Und er filmt paradoxerweise auch das, was im Kino passiert. Wer dem Film aufmerksam verfolgt hatt, wird sich dann nicht mehr sicher sein, wo das Licht eigentlich ist, das man meint, im Kino zu sehen. Dort sollte man sich diesen Film aber unbedingt anschauen, da er dort erst seine ganze Wirkung entfaltet.

Mit „Tracing Light“ ist es Thomas Riedelsheimer gelungen, Kunst und Physik auf Augenhöhe in den Dialog zu bringen und das Geheimnisvolle des Lichts nicht nur zu behaupten, sondern als Ausgangspunkt für Kunst wie Wissenschaft nachvollziehbar zu machen. Ganz im Sinne Einsteins, dessen Zitat Riedelsheimer an den Anfang seines Films gesetzt hat: „Das Schönste, das wir erleben können, ist das Geheimnisvolle. Es ist das Grundgefühl, das an der Wiege von Kunst und Wissenschaft steht. Wer es nicht kennt und sich nicht mehr wundern, nicht mehr staunen kann, der ist sozusagen tot und sein Auge erloschen."

Alexander Pawlak


Virtuelle Jobbörse

Virtuelle Jobbörse
Eine Kooperation von Wiley-VCH und der DPG

Virtuelle Jobbörse

Innovative Unternehmen präsentieren hier Karriere- und Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren Berufsfeldern.

Die Teilnahme ist kostenfrei – erforderlich ist lediglich eine kurze Vorab-Registrierung.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen