Zukunftsforschung zu tiefen Temperaturen und Quantentechnologie
Physikalisch-Technische Bundesanstalt weiht auf ihrem historischen Standort in Berlin den Walther-Meißner-Bau ein.
Zukunft trifft auf Geschichte – und Tieftemperatur- auf Quantenphysik. Walther Meißner, ein Pionier der Tieftemperaturforschung, promovierte, bevor er in die Physikalisch-Technische Reichsanstalt eintrat, im Jahr 1907 bei Max Planck, dem Pionier der Quantenphysik. Beide Forschungsgebiete erfuhren in der PTR entscheidende Impulse. Und beide werden auf dem historischen Gelände in die Zukunft geführt: im neuen Walther-Meißner-Bau als Berliner Dependance des Quantentechnologiezentrums der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt.
Nach sechs Jahren Bauzeit wird der hochkomplexe Neubau vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung an die PTB übergeben. Die nicht minder komplexen Anlagen der PTB zur Quanten- und Kryosensorik, zur Kryo- und Primärthermometrie sowie zur photonischen Druckmessung werden dort in den kommenden Monaten aufgebaut und in Betrieb genommen. Die Einweihung findet am Freitag, den 22. April statt.
Die Entwicklung, Herstellung und Anwendung von höchstempfindlichen supraleitenden Quanteninterferometern, kurz SQUIDs, bilden den Kern der Arbeiten im Walther-Meißner-Bau. SQUID-Sensoren dienen der Messung kleinster Magnetfelder und elektrischer Ströme und werden bei sehr tiefen Temperaturen betrieben, die fast am absoluten Temperatur-Nullpunkt liegen. Die Spitzenforschung der PTB auf dem Gebiet der SQUID-Messtechnik und der Kryothermometrie bekommt somit jetzt ein adäquates Zuhause auf historischen Fundamenten.
Um die präzisen Messungen an der PTR zur Licht- und Wärmestrahlung von Hohlraum-Körpern in Abhängigkeit von ihrer Temperatur beschreiben zu können, musste Max Planck im Jahr 1900 die Quantenhypothese postulieren und veränderte die Welt. Seit dieser Zeit treiben Quantenphänomene die technologische Entwicklung, vom Computer-Chip bis zur Solarzelle, von der Magnetresonanztomografie bis zur Supraleitung und den SQUIDs. In seinem Tieftemperaturlaboratorium, das er 1927 an der PTR in Betrieb nahm, gelangen Walther Meißner bahnbrechende Beiträge zu Nachweis, Erklärung und Anwendungen der Supraleiter.
Im neuen Walther-Meißner-Bau wird die PTB in enger Zusammenarbeit mit ihren Technologietransferpartnern Magnicon GmbH und Entropy GmbH ein modernes Applikationslabor für Quantentechnologie-Anwendungen entwickeln, verbunden mit dem Ausbau der bestehenden Netzwerke, insbesondere mit den Berliner Universitäten, der Europäischen Metrologie-Partnerschaft sowie den metrologischen Staatsinstituten in den USA und Japan. Die Anwendungen beziehen sich im Wesentlichen auf Präzisionsmesstechnik für viele Bereiche der Metrologie und Abteilungen der PTB, von biomagnetischen Messverfahren über die Realisierung elektrischer und photonischer Quantennormale, die Radionuklidspektrometrie, Verfahren der Wasserstoff- und allgemeinen Gas- und Vakuummetrologie bis hin zu neuen primären Verfahren der Temperaturmessung wie der Rauschthermometrie.
Einem Vorschlag folgend, den Max Planck schon vor über hundert Jahren unterbreitet hatte, wird seit 2019 das Internationale Einheitensystem SI durch die Festlegung von Naturkonstanten definiert. Mit Primärthermometrie lässt sich die Basiseinheit Kelvin in Zukunft direkt darstellen, und mit der neu entwickelten Rauschthermometrie hat man eine sehr praktische Temperaturmessung, die im Walther-Meißner-Bau weiterentwickelt und mittels Quantennormalen kalibriert wird.
Die architektonische Gestaltung des Neubaus fügt sich bei aller aktueller Eigenständigkeit in das denkmalgeschützte historische Ensemble des Campus Charlottenburg der PTB ein. Auf seinen insgesamt 2880 Quadratmetern Nutzfläche beherbergt der Walther-Meißner-Bau unter anderem Labor-, Mess- und Reinräume. Sie erfüllen höchste Anforderungen hinsichtlich Schwingungsfreiheit und Temperaturkonstanz sowie an die infrastrukturellen Bedingungen in den Reinräumen der Klassen 8, 6 und 4. Ein Teil der im Gebäude enthaltenen 555 Quadratmeter Büroflächen soll im Rahmen des Technologietransfers der PTB zur Beratung und zum Anwendertraining für industrielle und wissenschaftliche Kooperationspartner genutzt werden.
PTB / RK
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