Zeitkapseln aus der Frühzeit der Erde
Gesteinskerne aus dem ältesten, gut erhaltenen Sedimentgestein unseres Planeten.
Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Christoph Heubeck von der Uni Jena führte in Südafrika Bohrungen durch, mit deren Hilfe sich viele Fragen aus der Frühzeit unseres Planeten beantworten lassen. Das Besondere an den dabei gewonnenen Bohrkernen ist ihr Alter: Sie stammen aus dem „Barberton Grünsteingürtel“ nahe Südafrikas Grenze zu Eswatini und lassen sich auf etwa 3,2 Milliarden Jahre datieren. „Diese Bohrkerne sind Zeitkapseln, in denen Informationen aus der Frühzeit der Erde gespeichert sind“, sagt Heubeck. Die Bohrungen begannen, zeitweilig mit drei Bohrgeräten gleichzeitig, im November 2021. Ende Juli ist die Bohrkampagne des Projekts BASE – Barberton Archean Surface Environments – mit der letzten von insgesamt acht Bohrungen abgeschlossen worden. Ab September werden 3131 Meter Kernmaterial durch ein internationales Team unter Heubecks Leitung wissenschaftlich detailliert ausgewertet.
„Diese Gesteinsfolgen repräsentieren eine extrem hochauflösende Aufzeichnung eines kurzen Abschnitts der frühesten Erdgeschichte“, sagt Heubeck. Die Ablagerungsrate der Sedimente schätzt er auf etwa einen Meter pro tausend Jahre, vergleichbar mit Ablagerungsraten an vielen heutigen Küsten. Aus den Bohrkernen lässt sich eine Vielzahl von Informationen gewinnen, beispielsweise über die Mondumlaufbahn, Tiden, Vulkanismus, UV-Strahlung, Meteoriteneinschläge, Temperatur der Ozeane und Atmosphäre sowie die Intensität chemischer Verwitterung.
Ein Hauptziel der Bohrungen waren fossile mikrobielle Matten, die auf küstennahen Sanden und Geröllflächen weit verbreitet waren und gelegentlich austrockneten. Wie konnte sich Leben in dieser herausfordernden, hochenergetischen Umgebung halten und ausbreiten? Eine Antwort auf diese Frage erlaubt auch Rückschlüsse auf die Frage nach Leben auf anderen Planeten. Auch deshalb hat sich die NASA an den Kosten des Projekts beteiligt.
Um die Bohrkerne zu gewinnen, fraß sich ein Diamantkernbohrer ins Gestein. Weil die Gesteinsschichten stark verfaltet sind und die Schichten senkrecht stehen, bohrte sich der Kernmeißel in einem Winkel von 45 Grad bis in eine Tiefe von etwa dreihundert Metern in das Gestein, oft von älteren in jüngere Gesteinsschichten. „Pro Tag wurden etwa zwanzig bis vierzig Meter Kerne gezogen“, so Heubeck.
Diese werden markiert, in Längsrichtung zersägt, fotografiert und beschrieben. Eine Hälfte verbleibt im nationalen Kernlager Südafrikas, als „Bibliothek des Untergrunds“, die andere Hälfte wird in das Kernlager des ICDP-Konsortiums nach Berlin-Spandau verschifft. Dort werden sie nochmals detailliert dokumentiert und nach einem Beprobungs-Workshop den beteiligten Forschungseinrichtungen zur Verfügung gestellt.
Schon jetzt kann Heubeck erste Erkenntnisse an den Bohrkernen ablesen. So zeigen etwa Gezeitenablagerungen, dass die Entfernung zwischen Erde und Mond viel geringer war als heute. Der Mond kreiste also näher und schneller um die Erde, zugleich rotierte die Erde schneller. Als schwarze Streifen finden sich zudem Lagen mikrobieller Matten, die im Flachwasser wuchsen. Ungestört von heutigen tierischen Fressfeinden wie Würmern oder Schnecken betrieben sie Fotosynthese. Dabei entstand als Abfallprodukt Sauerstoff, der für höherentwickeltes Leben unabdingbare Voraussetzung ist. Es sei erstaunlich, in welcher – für uns – lebensfeindlichen Umgebung diese Mikrobenmatten gediehen, so Heubeck. Der Forscher erwartet zahlreiche weitere Entdeckungen aus den Bohrkernen, deren Auswertung die nächsten Jahre in Anspruch nehmen wird.
FSU / RK
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