30.08.2023 • AtmosphärenphysikUmweltphysik

Wie sich verschmutzte Luft in der Atmosphäre ausbreitet

Forschungsflugzeug HALO untersucht die Ausbreitung stark verschmutzter Luftmassen aus Südostasien bis in die untere Stratosphäre über Europa.

Extreme Regenfälle des asiatischen Monsuns sorgen in Südostasien immer wieder für katastrophale Zerstörungen. Doch die Auswirkungen dieses großräumigen Wettersystems reichen weit über den indischen Subkontinent hinaus. Stark verschmutzte Luftmassen aus der bodennahen Atmosphäre in Südostasien gelangen dabei bis in die untere Stratosphäre über Europa. Diesen weiträumigen Transport untersucht derzeit ein Team deutscher Forschungs­einrichtungen im Rahmen der Messkampagne „Probing High Latitude Export of Air from the Asian Summer Monsoon“, kurz PHILEAS. Unter Leitung des Forschungs­zentrums Jülich und Uni Mainz, sowie unter Beteiligung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, sind zahlreiche Messflüge mit dem Forschungs­flugzeug HALO geplant.

Abb.: Das DLR-Forschungs­flug­zeug HALO (High Altitude and Longe Range...
Abb.: Das DLR-Forschungs­flug­zeug HALO (High Altitude and Longe Range Research Aircraft) er­mög­licht Flüge mit einer inter­konti­nen­talen Reich­weite von mehr als acht­tausend Kilo­metern und Flug­höhen bis zu fünf­zehn Kilo­metern. (Bild: DLR; CC BY-NC-ND 3.0)

Seit dem 4. August 2023 fanden zunächst für zwei Wochen Flüge ab dem DLR-Standort Oberpfaffenhofen statt. Anschließend wurde das bis in 15 Kilometer Höhe aufsteigende DLR-Forschungs­flugzeug für fünf Wochen nach Anchorage in Alaska verlegt. Abschließend folgen weitere Flüge von Ober­pfaffen­hofen aus. Hierbei spielt HALO, eine modifizierte Gulfstream G 550, ihre große Reichweite von mehr als achttausend Kilometer pro Flug aus.

Etwa drei Tonnen wissen­schaftliche Instrumente trägt das vom DLR betriebene Forschungs­flugzeug bei dieser Kampagne an Bord. Diese liefern genauere Einblicke in die Transport- und Mischungs­vorgänge in der oberen Troposphäre und unteren Stratosphäre und auch, wie sich diese auf das globale Klima und Wetter auswirken.

Während der Sommermonate beeinflusst der asiatische Monsun die Verteilung von Aerosolen und Treib­haus­gasen auf der gesamten Nord­halb­kugel. Durch seine großräumige Konvektion transportiert er Luft aus der verschmutzten bodennahen Grenzschicht in Südostasien bis in etwa 16 Kilometer Höhe. Dort sammelt sich die verschmutzte Luft in der Monsun-Antizyklone – einem riesigen Hochdruck­gebiet in der oberen Troposphäre. Die Monsun-Antizyklone erstreckt sich zeitweise von der arabischen Halbinsel bis zur asiatischen Pazifikküste.

Von diesem Hochdruckgebiet spalten sich im Lauf des Sommers und im Frühherbst immer wieder Luftwirbel mit verschmutzter Luft ab, das heißt mit erhöhten Konzen­tra­tionen an Treibhaus­gasen und Aerosolen. Diese Wirbel wandern dann Richtung Nordosten über den Pazifik und werden schließlich in die untere Stratosphäre eingemischt. Neben den Verschmutzungen wird bei diesen Prozessen auch Wasserdampf in die untere Stratosphäre transportiert, der speziell in dieser Höhenregion klima­relevant ist.

In der ersten Phase von PHILEAS wurde die verschmutzte Luft in der Monsun-Antizyklone durch Messflüge von Ober­pfaffen­hofen in Richtung arabischer Halbinsel untersucht. Der Transport der verschmutzten Luftwirbel über den Pazifik nach hohen Breiten und das Mischen in die untere Stratosphäre werden der zweiten Kampagnen­phase durch Messflüge von Anchorage aus untersucht. Um den großräumigen Einfluss der Transport- und Mischungs­vorgänge auf die Hinter­grund­atmosphäre bei hohen Breiten bewerten zu können, endet PHILEAS Anfang Oktober mit einer Messphase von Ober­pfaffen­hofen aus. Aus dem Vergleich mit der frühen Kampagnen­phase lässt sich der Einfluss des Monsun­systems auf die untere Stratosphäre über Europa ableiten. Dafür gibt es aus früheren HALO-Expeditionen schon deutliche Hinweise.

Wesentliche Spurengas­messungen steuert dabei das DLR-Institut für Physik der Atmosphäre bei, das mit zwei Instrumenten an PHILEAS beteiligt ist. Stickoxide, die Summe aller reaktiven Stickstoff­verbindungen, aber auch atmosphärische Säuren wie Salpetersäure und Salzsäure sind wichtige Parameter, um den Spurenstoff­cocktail im asiatischen Monsun zu verstehen. „Diese Spurenstoffe tragen wesentlich zur Ozonchemie in dieser sensitiven Region der Atmosphäre ebenso wie zur Bildung von Aerosol­partikeln bei“, erläutert Helmut Ziereis vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Ober­pfaffen­hofen. „Wie mit einem Express-Fahrstuhl werden die Spurengase von lokalen Quellen am Boden in die obere Troposphäre transportiert.“ Menschen­gemachte Emissionen durch den Verkehr oder aus der Industrie, aber auch die Verbrennung von Biomasse etwa bei Waldbränden, setzen Stickoxide und andere Spurenstoffe am Boden frei. Hinzukommen auch spezifische Quellen in der Atmosphäre selbst. Dazu zählen neben dem Flugverkehr vor allem die Produktion durch Blitze.

Neben dem Ferntransport aus der Monsunregion ist die Untersuchung der verheerenden Waldbrände in Kanada ein weiteres Ziel der Messungen. Die Brände haben auch einen Einfluss auf die Stratosphäre: Die Feuer können heftige Konvektion auslösen und Aerosole und Verschmutzung sogar in Höhen von zwölf Kilometer oder höher eintragen. “Durch PHILEAS haben wir die Chance, den Einfluss solcher Rauchfahnen auf die Zusammen­setzung dieser Höhenregion und deren Entwicklung zu untersuchen“, sagt Peter Hoor, Leiter der Gruppe für Flugzeug­messungen am Institut für Physik der Atmosphäre der Uni Mainz.

DLR / RK

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