25.08.2020 • BeschleunigerPlasmaVakuum

Weltrekord im Dauersurfen der Elektronen

Plasmabeschleuniger LUX auf dem Weg zum Regelbetrieb.

Der Teil­chen­be­schleuniger der Zu­kunft hat ei­nen wich­tigen Mei­len­stein ge­nom­men: Erst­mals welt­weit ge­lang es ei­nem For­scher­team, einen Plas­mabe­schleuniger länger als ei­nen Tag zu be­trei­ben und dabei konti­nuier­lich Elekt­ro­nen­strah­len zu pro­duzie­ren. Die An­lage LUX, ge­mein­sam entwi­ckelt und be­trie­ben von DESY und der Uni­versi­tät Ham­burg, er­reichte eine Be­triebs­dauer von 30 Stun­den. „Da­mit sind wir dem Regel­be­trieb dieser inno­vati­ven Teil­chen­be­schleuniger­tech­nik ein gutes Stück nä­herge­kom­men“, sagt Team­leiter An­dreas R. Maier von DESY. „Die Zeit ist reif, um die Laser-Plas­mabe­schleuni­gung aus dem Labor zur An­wen­dung zu füh­ren“, er­gänzt der Direk­tor des DESY-Be­schleuniger­be­reichs, Wim Leemans.

Abb.: Bei der Laser-Plasma­be­schleu­ni­gung erzeugt ein star­ker...
Abb.: Bei der Laser-Plasma­be­schleu­ni­gung erzeugt ein star­ker Laser­puls (rot) im Was­ser­stoff­gas eine Plasma­welle (blau), indem er das Gas ioni­siert. Die Elek­tronen (rot) surfen auf der Welle wie ein Wake­boarder hinter dem Heck eines Boots und werden extrem be­schleu­nigt. LUX lieferte konti­nuier­lich in rund 30 Stun­den mehr als 100 000 dieser Teil­chen­pakete. (Bild: DESY, Science Commu­nication Lab)

Von der Tech­nik der Plas­mabe­schleuni­gung ver­spre­chen sich Physi­ker eine neue Gene­ration kom­pak­ter, leis­tungs­fähi­ger Teil­chen­be­schleuniger mit einzig­arti­gen Eigen­schaf­ten für ver­schie­dene An­wen­dun­gen. Bei dieser Me­thode er­zeugt ein Laser oder ein ener­gierei­cher Teil­chen­strahl eine Plas­ma­welle in ei­ner feinen Kapil­lare. Als Plasma wird ein Gas be­zeich­net, bei dem die Gas­mole­küle von ihren Elekt­ronen ge­trennt wur­den. LUX ver­wen­det Was­ser­stoff­gas.

„Die La­ser­pulse pflü­gen als schmale Schei­ben durch das Gas und ent­reißen den Was­ser­stoff­mole­külen ihre Elekt­ro­nen, die wie von einem Schneepflug zur Seite gefegt wer­den“, be­schreibt Maier, der DESY-Grup­pen­leiter im Be­reich Be­schleuniger ist und am Cen­ter for Free-Elect­ron Laser Sci­ence (CFEL) arbei­tet, einer Ge­mein­schaftsein­rich­tung von DESY, Uni­versi­tät Ham­burg und der Max-Planck-Ge­sell­schaft. „Elektronen im Kiel­was­ser des Blitzes wer­den von der elektrisch posi­tiv ge­lade­nen Plas­ma­welle vor ihnen be­schleunigt – ähn­lich wie ein Wa­keboard-Surfer in der Heck­welle eines Schiffs.“

Plas­mabe­schleuniger kön­nen auf diese Weise eine bis zu tau­send­fach hö­here Be­schleuni­gung errei­chen als die stärksten Ma­schi­nen, die heute im Ein­satz sind. Damit kön­nen kom­pak­tere und stär­kere Anla­gen mit ei­nem brei­ten Ein­satz­spekt­rum von der Grundlagen­for­schung bis zur Medi­zin mög­lich wer­den. Eine Reihe tech­ni­scher Her­aus­forde­run­gen gibt es vor einer An­wen­dung noch zu meis­tern. „Auch diese Her­aus­forde­run­gen kön­nen wir dank des lan­gen und stabi­len Be­triebs unse­rer Anla­gen jetzt besser ange­hen“, erläu­tert Maier.

Abb.: Detail­lierte Simu­lation der Plasma­welle in der An­lage LUX. (Bild:...
Abb.: Detail­lierte Simu­lation der Plasma­welle in der An­lage LUX. (Bild: Uni­versi­tät Ham­burg, Laurids Jeppe)

Die Phy­siker haben wäh­rend ihres Re­kord­be­triebs mehr als 100 000 Elekt­ro­nen­pa­kete be­schleunigt, jede Se­kunde eines. Mit dieser gro­ßen Zahl lassen sich die Ei­gen­schaf­ten des Be­schleuni­gers, des Lasers und der Teil­chen­pa­kete mitei­nan­der in Ver­bin­dung setzen und sehr viel ge­nauer aus­wer­ten. „Un­er­wünschte Varia­tionen im Elekt­ro­nen­strahl lassen sich bei­spiels­weise auf kon­krete Punkte im Laser­puls zu­rück­füh­ren, so dass wir jetzt genau wis­sen, an wel­cher Stelle wir anset­zen müs­sen, um ei­nen noch besse­ren Teil­chen­strahl zu be­kom­men“, sagt Maier. „Die­ser An­satz legt die Grundlage für eine aktive Stabi­lisie­rung der Strah­len, so wie sie an allen mo­der­nen Be­schleunigern welt­weit einge­setzt wird“, erläu­tert Leemans.

Grund­lage für den Erfolg ist laut Maier die Ver­knüp­fung von zwei Fel­dern: die Exper­tise in der Plas­mabe­schleuni­gung mit dem Know-how für ei­nen stabi­len Be­schleuniger­be­trieb. „Bei­des ist bei DESY in welt­weit einzig­arti­ger Weise vor­han­den“, be­tont Maier. Zu dem stabi­len Lang­zeit­be­trieb haben dem­nach zahl­reiche Fakto­ren beige­tra­gen, von der Vaku­um­tech­nik über Laser­exper­tise bis hin zu ei­nem um­fang­rei­chen und aus­geklü­gelten Kon­troll­sys­tem. „Im Prin­zip wäre un­sere An­lage auch noch länger gelau­fen, wir haben den Be­trieb nach 30 Stun­den abge­bro­chen“, be­rich­tet Maier. „Und in­zwi­schen haben wir das noch drei­mal wie­der­holt.“

Abb.: Die Plasma­zelle von LUX (in der Mitte der wei­ßen Mon­tierung), in...
Abb.: Die Plasma­zelle von LUX (in der Mitte der wei­ßen Mon­tierung), in der die Elek­tronen be­schleu­nigt werden, ist nur wenige Milli­meter lang. (Bild: Uni­versi­tät Ham­burg, Niels Delbos)

„Diese Arbeit zeigt, dass Laser-Plas­mabe­schleuniger eine repro­du­zier­bare und kon­trol­lier­bare Leis­tung bieten kön­nen. Das liefert eine kon­krete Grundlage für die Wei­ter­ent­wick­lung dieser Tech­nolo­gie zu künf­tigen be­schleuniger­ba­sier­ten Licht­quel­len bei DESY und an­derswo“, fasst Leemans zu­sam­men.

An der Arbeit waren For­scher der Uni­versi­tät Ham­burg, des euro­päi­schen ELI-Beam­lines-Pro­jekts, der Max Planck Rese­arch School for Ultra­fast Ima­ging & Struc­tural Dyna­mics (IM­PRS-U­FAST) und von DESY betei­ligt.

DESY / LK

Weitere Infos

 

 

 

ContentAd

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe
ANZEIGE

Kleinste auf dem Markt erhältliche Hochleistungs-Turbopumpe

Die HiPace 10 Neo ist ein effizienter, kompakter Allrounder für den Prüfalltag, der geräuscharm und besonders energieeffizient ist.

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Meist gelesen

Themen