Upgrade der Magnetresonanz-Methode mit tausendfachem Verstärker
Atomgenaue Beschreibung von Proteinen in natürlicher Konzentration.
Die Struktur und Dynamik von Proteinen bestimmen Forscher mit Hilfe der NMR-Spektroskopie. Um diese im Labor messen zu können, brauchte es bisher aber viel größere Mengen an Biomolekülen in Lösung als sie in den körpereigenen Zellen vorkommen. Eine um einen sehr leistungsstarken Verstärker erweiterte NMR-Methode, in Kombination mit molekulardynamischer Simulation, ermöglicht jedoch die Messung und genaue Charakterisierung unter natürlichen Konzentrationsbedingungen. Das konnten jetzt Dennis Kurzbach von der Uni Wien und seine Kollegen zeigen. Mit Hilfe der Hyperpolarisation lässt sich eine tausendfache Signalverstärkung bei der NMR-Messung erreichen. Dass die neue Methode funktioniert, demonstrierte das Team anhand eines Proteins, das die Zellvermehrung und damit auch potenzielles Tumorwachstum beeinflusst.
„Mit der Spektroskopie ist es wie mit einer E-Gitarre. Ist der Verstärker zu schwach, hört man nur wenig, wenn man nicht stark in die Saiten haut“, sagt Kurzbach. „Das heißt, man braucht viel Material, um ein NMR Signal zu sehen. Mit dem neuen Hyperpolarisationsverstärker kann man aber schon bei sehr geringen Mengen etwas messen.“ Die Forscher schafften es, Biomoleküle bei Konzentrationen von nur einem Mikromol pro Liter zu messen – einem Millionstel der üblichen Konzentrationsmengen. Die Konzentration nähert sich damit jener in realen Zellen an. Das ist wichtig, da Proteine auf unnatürlich hohe Konzentrationen so reagieren können, dass sie nicht mehr das tun, wozu sie eigentlich bestimmt sind, oder sie sich anderen Proteinen gegenüber plötzlich anders verhalten.
Die neue Methode liefert typischerweise eindimensionale Spektren, bei denen der Informationsgehalt limitiert ist. Um Proteine unter natürlichen Konzentrationsbedingungen ganzheitlich beschreiben zu können, kam zusätzlich eine molekulardynamische Simulation zum Einsatz. „So konnten wir von dem Fingerabdruck, den wir von unserem Molekül über NMR erhalten haben, auf seinen gesamten Körper, also seine mehrdimensionale Struktur, schließen“, so Kurzbach.
Ihre Methode demonstrierte das Team an dem Protein MAX. Es kann mit verschiedenen anderen Proteinen als Partner auftreten und gemeinsam mit dem Protein MYC großen Einfluss auf die Kopierprozesse von DNA in der Zelle nehmen. Die Prozesse, in die MAX involviert sind, können die Zellvermehrung bis hin zum Zelltod fördern.
Es hat sich gezeigt, dass MAX in Konzentrationen, die jenen in Körperzellen entsprechen, ein anderes Spektrum von möglichen Proteinfaltungen aufzeigen als in den Experimenten mit vergleichsweise hoher Konzentration. „Das Faltungsspektrum von MAX ist von entscheidender Bedeutung für das Zusammenarbeiten mit MYC und damit auch für die Vermehrung von gesunden wie auch kranken Zellen im Körper“, so Kurzbach.
Die neue Methode kann dazu beitragen, den Prozess der Zellvermehrung bis hin zum Tumorwachstum besser zu verstehen und somit Grundmechanismen für die Krebsentstehung aufzuklären. Das ist nur eines von vielen potenziellen Anwendungsfelder für die neue Methode – übernehmen doch Tausende von Proteinen in unseren Zellen die unterschiedlichsten Aufgaben, darunter bei der Verdauung sowie Regulation von DNA und RNA.
U. Wien / RK