22.08.2022 • BiophysikMedizinphysik

Upgrade der Magnetresonanz-Methode mit tausendfachem Verstärker

Atomgenaue Beschreibung von Proteinen in natürlicher Konzentration.

Die Struktur und Dynamik von Proteinen bestimmen Forscher mit Hilfe der NMR-Spektro­skopie. Um diese im Labor messen zu können, brauchte es bisher aber viel größere Mengen an Biomolekülen in Lösung als sie in den körper­eigenen Zellen vorkommen. Eine um einen sehr leistungs­starken Verstärker erweiterte NMR-Methode, in Kombination mit molekular­dynamischer Simulation, ermöglicht jedoch die Messung und genaue Charakte­ri­sierung unter natür­lichen Konzen­tra­tions­bedin­gungen. Das konnten jetzt Dennis Kurzbach von der Uni Wien und seine Kollegen zeigen. Mit Hilfe der Hyper­polari­sation lässt sich eine tausend­fache Signal­ver­stärkung bei der NMR-Messung erreichen. Dass die neue Methode funktioniert, demonstrierte das Team anhand eines Proteins, das die Zell­ver­mehrung und damit auch poten­zielles Tumor­wachstum beeinflusst.

Abb.: Dennis Kurz­bach und Ludovica Epasto vor dem...
Abb.: Dennis Kurz­bach und Ludovica Epasto vor dem Hyper­pola­ri­sa­tion­gerät. (Bild: D. Kurz­bach & L. Epasto, U. Wien)

„Mit der Spektroskopie ist es wie mit einer E-Gitarre. Ist der Verstärker zu schwach, hört man nur wenig, wenn man nicht stark in die Saiten haut“, sagt Kurzbach. „Das heißt, man braucht viel Material, um ein NMR Signal zu sehen. Mit dem neuen Hyper­polari­sa­tions­ver­stärker kann man aber schon bei sehr geringen Mengen etwas messen.“ Die Forscher schafften es, Biomoleküle bei Konzentra­tionen von nur einem Mikromol pro Liter zu messen – einem Millionstel der üblichen Konzen­tra­tions­mengen. Die Konzen­tration nähert sich damit jener in realen Zellen an. Das ist wichtig, da Proteine auf unnatürlich hohe Konzentrationen so reagieren können, dass sie nicht mehr das tun, wozu sie eigentlich bestimmt sind, oder sie sich anderen Proteinen gegenüber plötzlich anders verhalten.

Die neue Methode liefert typischer­weise ein­dimen­sionale Spektren, bei denen der Informa­tions­gehalt limitiert ist. Um Proteine unter natürlichen Konzen­tra­tions­be­dingungen ganz­heitlich beschreiben zu können, kam zusätzlich eine molekular­dynamische Simulation zum Einsatz. „So konnten wir von dem Finger­abdruck, den wir von unserem Molekül über NMR erhalten haben, auf seinen gesamten Körper, also seine mehr­dimen­sionale Struktur, schließen“, so Kurzbach.

Ihre Methode demonstrierte das Team an dem Protein MAX. Es kann mit verschiedenen anderen Proteinen als Partner auftreten und gemeinsam mit dem Protein MYC großen Einfluss auf die Kopier­prozesse von DNA in der Zelle nehmen. Die Prozesse, in die MAX involviert sind, können die Zell­ver­mehrung bis hin zum Zelltod fördern.

Es hat sich gezeigt, dass MAX in Konzen­tra­tionen, die jenen in Körper­zellen entsprechen, ein anderes Spektrum von möglichen Protein­faltungen aufzeigen als in den Experimenten mit vergleichs­weise hoher Konzen­tration. „Das Faltungs­spektrum von MAX ist von entscheidender Bedeutung für das Zusammen­arbeiten mit MYC und damit auch für die Vermehrung von gesunden wie auch kranken Zellen im Körper“, so Kurzbach.

Die neue Methode kann dazu beitragen, den Prozess der Zell­vermehrung bis hin zum Tumor­wachstum besser zu verstehen und somit Grund­mechanismen für die Krebs­entstehung aufzu­klären. Das ist nur eines von vielen poten­ziellen Anwendungs­felder für die neue Methode – übernehmen doch Tausende von Proteinen in unseren Zellen die unter­schied­lichsten Aufgaben, darunter bei der Verdauung sowie Regulation von DNA und RNA.

U. Wien / RK

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