16.11.2023

Theoretische Biophysik und ultrakalte Atome

Die DPG-Preisträgerinnen und -Preisträger für das Jahr 2024 stehen fest.

Kerstin Sonnabend / DPG

Am vergangenen Wochenende wählten die Preiskomitees der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) auf dem „Tag der DPG“ die Preisträgerinnen und Preisträger des kommenden Jahres aus. Viele erhalten ihre Auszeichnungen während der 87. Jahrestagung der DPG Mitte März in Berlin.

Die Max-Planck-Medaille – die höchste Auszeichnung der DPG für theoretische Physik – erhält Prof. Dr. Erwin Frey vom Arnold-Sommerfeld-Center der LMU München. Die DPG würdigt damit seine fundamentalen Beiträge zur Theoretischen Biophysik, insbesondere zum interzellulären Transport, zu biomolekularen Prozessen und zur Musterbildung in komplexen Systemen.

Die Stern-Gerlach-Medaille – die wichtigste Auszeichnung der DPG für experimentelle Physik – geht an Prof. Dr. Immanuel Bloch vom Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Immanuel Bloch wird für seine herausragenden Arbeiten auf dem Gebiet der Quantensimulationen mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern ausgezeichnet. Er eröffnete damit ein neues interdisziplinäres Feld der Quantenphysik, das die theoretische Vielteilchenphysik stark korrelierter Systeme und grundlegende Konzepte der Quanteninformationswissenschaft mit dem Verständnis atomarer und molekularer Wechselwirkungen und experimentellen Techniken aus der Quantenoptik verbindet.

Die DPG zeichnet 2024 Erwin Frey (links) mit der Max-Planck-Medaille und...
Die DPG zeichnet 2024 Erwin Frey (links) mit der Max-Planck-Medaille und Immanuel Bloch mit der Stern-Gerlach-Medaille aus.
Quelle: Erwin Frey: LMU / Immanuel Bloch: Hector Fellow Academy

Neben den beiden höchsten Auszeichnungen ehrt die DPG weitere hervorragende Forscherinnen und Forscher:

Den Walter-Schottky-Preis 2024 erhält Dr. Nicola Paradiso von der Universität Regensburg für die Entdeckung und Charakterisierung von gleichgerichteten Supraströmen in Josephson-Kontakten. Seine grundlegenden Arbeiten zum Josephson-Dioden-Effekt eröffnen neue Perspektiven für die supraleitende Quantenelektronik. Der Gustav-Hertz-Preis 2024 zeichnet Dr. Daniela Doneva von der Universität Tübingen für ihre herausragenden Arbeiten zu Schwarzen Löchern und Neutronensternen in Theorien der Schwerkraft jenseits der Allgemeinen Relativitätstheorie aus. Ihre Forschung hat grundlegende Fortschritte bei der Nutzung kompakter Objekte und Gravitationswellen als Präzisionssonden für die fundamentale Physik gebracht. Der Gaede-Preis geht an Junior-Prof. Dr. Manuel Gruber von der Universität Duisburg-Essen in Würdigung seiner richtungsweisenden Arbeiten zu „Spin-crossover“-Molekülen auf Oberflächen.

Der Robert-Wichard-Pohl-Preis würdigt außergewöhnliche Leistungen in der Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnis in der Lehre, im Unterricht und in der Didaktik der Physik und geht 2024 an Prof. Dr. Harald Gießen von der Universität Stuttgart für seine herausragenden Leistungen in der Entwicklung von 3D-Mikrooptiken. Diese finden Anwendung in optischen Fallen in der Atomphysik und Quantenoptik, in Miniatursensoren beim autonomen Fahren, in den Ingenieurwissenschaften, in optischen Pinzetten in der Biologie sowie in endoskopischen Abbildungsverfahren in der Medizin. Den Hertha-Sponer-Preis erhält 2024 Dr. Juliane Borchert von der Universität Freiburg für ihre Beiträge zum Verständnis der Prozesse für höchsteffiziente Perowskit-Solarzellen. Ihr innovativer Ansatz, Gasphasenabscheidung und Photolumineszenz zu kombinieren, ermöglicht die zielgerichtete Optimierung der Perowskit-Schichten in neuartigen Tandemsolarzellen. 

Darüber hinaus vergibt die DPG gemeinsam mit anderen Fachgesellschaften internationale Preise: Der deutsch-britische Max-Born-Preis geht an Prof. Dr. Ingrid Mertig von der Universität Halle-Wittenberg für ihre herausragenden Beiträge auf dem Gebiet der Spintronik, ermöglicht durch ihre bahnbrechenden Arbeiten zur Kombination von ab initio-Elektronenstrukturtheorie mit der Analyse von spin- und magnetisierungsabhängigen Transporteigenschaften. Den deutsch-französischen Gentner-Kastler-Preis erhält Dr. Isabelle Kleiner vom Laboratoire Interuniversitaire des Systèmes Atmosphériques (LISA) an der Université Paris-Est Créteil (UPEC) und der Université de Paris. Ihre herausragenden theoretischen Arbeiten auf dem Gebiet der hochauflösenden Spektroskopie isolierter Moleküle haben zum Verständnis der Struktur und der internen Bewegungen molekularer Systeme beigetragen, mit Anwendungen in Astrophysik, Planetenatmosphären und Biologie. Gemeinsam mit der OPTICA (früher OSA) zeichnet die DPG Prof. Dr. Olga Kocharovskaya von der Texas A&M University in den USA mit dem Herbert-Walther-Preis 2024 aus. Die Verleihung erfolgt für die Theorie und Experimente, die das Feld der Gammastrahlen-Quantenoptik begründet haben. 

Der DPG-Technologietransferpreis würdigt einen erfolgreichen Technologietransfer der letzten Jahre aus einem Forschungsinstitut in ein Unternehmen und wird an die am Technologietransfer beteiligten Parteien gemeinsam verliehen. 2024 geht der Preis nach Dänemark an die Firma Qdevil aus Kopenhagen, das Niels-Bohr-Institut der Universität Kopenhagen und deren Tech-Transfer-Office für die herausragende Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Entwicklung von Quantum-Control Hardware und deren erfolgreichen Transfer in den kommerziellen Einsatz.

DPG-Preise der letzten Jahre

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Den Georg-Kerschensteiner-Preis für Beiträge zur Didaktik und Schulphysik vergibt die DPG 2024 an Prof. Dr. Rainer Müller von der TU Braunschweig für seine bemerkenswerten Akzente für das Lernen und Lehren der Physik mit einem Schwerpunkt auf der Vermittlung der Quantenphysik. Dieses herausfordernde Thema hat er für die Schulpraxis zugänglich gemacht, unter anderem mit der Webseite „milq“ und dem wegweisenden Buch „Wesenszüge der Quantenphysik“. Der DPG-Preis für Lehrkräfte wird 2024 an zwei Personen verliehen. Dr. Safia Ouazi vom Robert-Havemann-Gymnasium in Berlin erhält ihn für ihr hohes Engagement für ihre Schülerinnen und Schüler, um aktuelle Physik mit schulischem Lernen zu verknüpfen, beispielsweise in Unterrichtseinheiten zu LED-Technik oder Projektarbeiten wie „MoonBounce“. Der Studienrat d. D. Heinz-Werner Oberholz (Gymnasium Wolbeck, Münster) wird für sein jahrzehntelanges und vielseitiges Engagement als Physiklehrer unter anderem als Initiator der Projekte „Supraleiter“ und „Forschungswerkstatt Physik“, als Fortbildner, Schulbuchautor sowie seine aktive Referententätigkeit nach dem Schuldienst ausgezeichnet.

Auch für den physikalischen Nachwuchs vergibt die DPG im nächsten Jahr wieder Preise: Jan Lützelberger, B. Eng., von der Hochschule Coburg wird mit dem Georg-Simon-Ohm-Preis ausgezeichnet für sein nichtinvasives Verfahren zur Detektion von Lockerungen und Spaltbildungen an Hüftprothesen. Diese Arbeit verbindet in hervorragender Weise physikalische Theorie und Simulation mit praktischer Umsetzung. Darüber hinaus gehen DPG-Schülerinnen- und -Schülerpreise an Florian Bauer (Hans-Thoma-Gymnasium, Lörrach), Tarek Becic (Frankenwald-Gymnasium, Kronach), Luis Liebenstein (Kurfürst-Ruprecht-Gymnasium, Neustadt an der Weinstraße), Maja Lüdge (Friedrich-Schiller-Gymnasium, Königs Wusterhausen) und Luan Sliwa (Gymnasium Buckhorn, Hamburg) in Würdigung ihrer Leistungen, die sie 2023 als Mitglieder des deutschen Teams beim Online-Physik-Weltcup (OYPT) erreicht haben sowie an Oliver Eckstaedt, Anton Jakob Nüske (beide: Martin-Andersen-Nexö-Gymnasium), Luke Pospiech (Goetheschule Ilmenau), Christian Simon Vogel (Max-Planck-Gymnasium Groß-Umstadt) und Luise Köhler (Carl-Zeiss-Gymnasium Jena) in Würdigung ihrer Leistungen, die sie als Mitglieder des deutschen Teams bei der 53. Internationalen Physikolympiade in Tokio, Japan, erzielt haben.

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