17.07.2023 • Energie

Strom zu Sprit

Projekt untersucht Erzeugung klimaneutraler Kraftstoffe aus Kohlendioxid, Biomasse und Strom.

Flüssige Kraftstoffe mit hoher Energiedichte werden auch in Zukunft in verschiedenen Bereichen der Mobilität benötigt, wie im Flugverkehr, der Schiff­fahrt, bei land­wirtschaftlichen Nutzfahrzeugen, Baumaschinen, dem Schwerlast­verkehr oder in Einsatz­fahrzeugen. Um die Klimaziele zu erreichen, ist es wichtig, dass diese Kraftstoffe zukünftig klimaneutral produziert werden. Eine Möglichkeit dazu besteht darin, fossile durch regenerative Kohlenstoff­quellen zu ersetzen.

 

Abb.: Übergabe des Zuwendungs­bescheids (v.l.n.r.): Arne Roth, Markus...
Abb.: Übergabe des Zuwendungs­bescheids (v.l.n.r.): Arne Roth, Markus Pannermayr, Markus Wolperdinger, Michael Hofer, Staats­minister Hubert Aiwanger, Hans Ritt, Matthias Franke, Martha Altweck-Glöbl, Josef Zellmeier (Bild: StMWi / E. Neureuther)

Im Rahmen des ZENK-Projekts sollen die vorhandenen Vorarbeiten der Fraunhofer-Institute IGB am Institutsteil Bio-, Chemo- und Elektro­katalyse, BioCat, und von Fraunhofer UMSICHT, Institutsteil Sulzbach-Rosenberg, im Bereich der nachhaltigen Kraftstoff­erzeugung zusammengeführt werden. Hierbei wird eine gekoppelte Technikums- und Entwicklungs­infrastruktur aufgebaut, um den weiteren Weg zur industriellen Anwendung und Markt­einführung zu ermöglichen. Unternehmen der petro­chemischen Industrie sollen dabei eng eingebunden werden.

Gefördert wird dieses Vorhaben durch den Freistaat Bayern. Aus diesem Grund kam Hubert Aiwanger, bayerischer Staatsminister für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, am 29. Juni 2023 zur Übergabe des Zuwendungs­bescheids ans IGB in Straubing. „Das Zentrum für nachhaltige Kraftstoffe in Straubing und Sulzbach-Rosenberg ist für mich ein zentrales Zukunftsprojekt, das wesentlich zur Energiewende und zur Sicherung der Energieversorgung in Bayern beitragen kann“, so Aiwanger. „Denn die Elektromobilität alleine reicht nicht aus, um den Verkehr klimaneutral zu gestalten. Bestandsfahrzeuge sowie schwer zu elektrisierende Anwendungen in der Schiff- und Luftfahrt benötigen erneuerbare Kraftstoffe.“

Im ZENK-Ansatz dient eine Kombination aus biogenen Rest- und Abfallstoffen, Kohlenstoff­dioxid und erneuerbarer elektrischer Energie als Rohstoffbasis für nachhaltige Kraftstoffe. Die Synthese- und Produktions­routen für die Verwertung dieser Rohstoffe sollen kombiniert, optimiert und in den Technikumsmaßstab überführt werden. Dabei werden die regionalen Energie- und Einsatzstoff­potenziale berücksichtigt und mögliche Standorte für eine industrielle Umsetzung bewertet. Das langfristige Ziel ist die Umsetzung eines integrierten, nachhaltigen Raffineriekonzepts.

Konkret werden im ZENK-Projekt eine Power-to-X-Produktions­route und eine auf thermochemischer Konversion von biogenen Rest- und Abfall­stoffen basierende Produktions­route miteinander gekoppelt: In der Power-to-X-Route wird am Fraunhofer IGB durch Elektrolyse von Wasser mithilfe erneuerbarer Energie Wasserstoff erzeugt. Dieser wird katalytisch mit Kohlenstoffdioxid zu Methanol umgesetzt. Das Methanol wird über verschiedene Zwischen­produkte zu höheren Olefinen umgewandelt. Diese werden in einem Hydrierprozess zu einem Gemisch aus gesättigten Kohlen­wasserstoffen aufgearbeitet, aus denen verschiedene Kraftstoffarten erzeugt werden können. Der Entwicklungsbedarf liegt insbesondere in der Identifikation und Testung stabiler und selektiver Katalysatorsysteme sowie der Anpassung der Anlagenfahrweise an variierende Reinheiten der Einsatz­stoffe und an die intermittierende Verfügbarkeit erneuerbarer Energien.

In der Biomasse-basierten Route werden am Fraunhofer UMSICHT aus biogenen Rest- und Abfallstoffen ein wasserstoffreiches Synthesegas, ein Rohöl-Äquivalent und ein kohleähnlicher Feststoff (Biokohle) erzeugt. „Dabei legen wir am UMSICHT einen Schwerpunkt auf eine hochwertige Nutzung der biogenen Reststoffe“, so Robert Daschner, der das Projekt auf UMSICHT-Seite leitet. „Um die begrenzten Ressourcen möglichst hochwertig einzusetzen, wollen wir im Rahmen dieses Vorhabens die Synergien zwischen der Biomasseverwertung und den Power-2-X-Anwendungen – also der strombasierten Kraftstoff­erzeugung – identifizieren und heben. Dazu entwickeln wir technische Lösungen, beispielsweise zur Bereitstellung von Wasserstoff oder Kohlendioxid aus Biomasse­reststoff.“

Das aus der Biomasse erzeugte Synthesegas kann in der Methanolsynthese der Power-to-X-Route genutzt werden. Die biogenen Öle können über den vorhandenen Hydrierprozess zu Kraftstoffen aufbereitet werden. Zusätzlich soll die Versorgung der Methanol­synthese mit möglichst reinem CO2 über einen Oxyfuel-Verbrennungs­prozess der biogenen Prozessgase (Pyrolysegas, Klärgas usw.) erprobt werden. Dieser nutzt wiederum den bei der Elektrolyse anfallenden überschüssigen Sauerstoff. Ein Schwerpunkt der Forschung liegt hierbei auf der Konditionierung der Gase für die weiteren Synthese­schritte.

Die Biokohle, die als Produkt der thermochemischen Biomasse­konversion anfällt, spielt eine wichtige Rolle für die CO2-Bilanz der Kraftstoffe. Der darin gebundene Kohlenstoff wird dauerhaft der Atmosphäre entzogen, wodurch eine insgesamt CO2-negative Kraftstoff­produktion möglich wird. Die Anwendungs­potenziale der Biokohle in Bayern werden ebenfalls im Rahmen von ZENK untersucht.

Das Vorhaben gliedert sich in zwei Projektphasen. In der ersten und bereits abgeschlossenen Phase, von Oktober 2021 bis Dezember 2022, wurden die Konzeption, Planung und Kommissionierung der Komponenten und Anlagen an beiden Standorten abgeschlossen. In der aktuellen zweiten Phase (Januar 2023 bis September 2026) werden die Prozesse nach der Inbetriebnahme schrittweise miteinander gekoppelt und optimiert. Parallel dazu erfolgt eine fortlaufende ökobilanzielle und techno­ökonomische Bewertung der Einzel- und Gesamtprozesse sowie der hergestellten Kraftstoffe.

Fh.-IGB / DE

 

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