Strom sparen mit dem Teilchenbeschleuniger
Zweifache Energie-Rückgewinnung bei Elektronen-Linearbeschleuniger geglückt.
An der TU Darmstadt ist der weltweit erste Betrieb eines supraleitenden Linearbeschleunigers mit zweifacher Energie-Rückgewinnung gelungen. Das Experiment am Elektronen-Linearbeschleuniger der Universität (S-DALINAC) wies nach, dass eine extreme Einsparung von Beschleunigerleistung möglich ist. Hochkomplexe Anlagen zur Beschleunigung elektrisch geladener Teilchen sind für die physikalische Grundlagenforschung und technische Anwendungen von großer Bedeutung.
Die für viele Forschungsfelder notwendige Entwicklung von Anlagen mit höheren Strahlströmen und verbesserter Strahlqualität stößt inzwischen an technologische und ökonomische Grenzen. Einen Ausweg bietet das Konzept eines Energie-rückgewinnenden Linearbeschleunigers (Energy Recovery Linac) – in ihm wird die nach der wissenschaftlichen oder technischen Nutzung im Strahl verbleibende Energie zurückgewonnen und zur Beschleunigung weiterer Teilchen verwendet. Die ERL-Technologie kann ökonomisch sinnvoll und ökologisch verantwortbar genutzt werden, um Elektronenstrahlen höchster Energie und Intensität bereitzustellen. Und genau dies wird für die zukünftige Forschung benötigt – etwa auf dem Gebiet der Teilchenphysik an der europäischen Großforschungseinrichtung CERN, aber auch um Innovationen in der Medizin und Industrie voranzutreiben.
Daher ist die jüngst erfolgreiche Demonstration an der TU Darmstadt ein Meilenstein: Erstmals wurde dort der supraleitende Elektronen-Linearbeschleuniger S-DALINAC im zweifach Energie-rückgewinnenden Modus betrieben. Dabei wurde der Elektronenstrahl in zwei sequentiellen Passagen durch den Hauptbeschleuniger auf eine Geschwindigkeit von 99,99 Prozent der Lichtgeschwindigkeit im Wechselwirkungspunkt beschleunigt, um anschließend bei zwei weiteren Durchflügen im Hauptbeschleuniger auf die ursprüngliche Einschussenergie abgebremst zu werden. Es wurden Strahlströme von bis zu acht Mikroampere bei Energien von bis zu 41 Megaelektronenvolt erzielt. Durch das anschließende Abbremsen konnten mehr als achtzig Prozent der benötigten Beschleunigungsleistung eingespart werden.
Das Forschungsteam konnte während des Betriebs auch technische Herausforderungen wie etwa den „relativistischen Phasenschlupf“ aufgrund leicht unterschiedlicher Geschwindigkeiten der Teilstrahlen auf ihren Beschleunigungs- und Abbremsungswegen meistern. Die Forschung auf dem Gebiet der mehrfach-rezirkulierenden ERLs wird gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Graduiertenkolleg „AccelencE“ und durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Clusterprojekts „Elements“.
TU Darmstadt / DE