24.09.2021 • Messtechnik

Strahlenschutz in Europa

EURAMET startet ein neues europäisches Metrologie-Netzwerk.

Weltweit sind mehr als 23 Millionen Menschen bei der Arbeit zeitweise ioni­sie­render Strahlung ausgesetzt. Die natürliche Strahlung ist allgegen­wärtig und betrifft jeden. Und das Thema Strahlen­schutz wird immer viel­fältiger. Neueste Entwick­lungen wie etwa gepulste Strahlung in medi­zi­nischen, indus­tri­ellen oder tech­nischen Anwendungen haben dazu geführt, dass immer häufiger Strahlungs­felder von wachsender Komplexität entstehen. Entsprechend anspruchs­voller wird auch die Metrologie, die genaue Messung dieser Strahlung, als Grundlage der Qualitäts­sicherung der eingesetzten Messgeräte zum Schutz von Mensch und Natur. Um die Kompetenzen der Metrologen, der Strahlen­schützer, der Industrie und der anderen Akteure auf diesem Gebiet zu bündeln und zu fördern, ist jetzt das Europä­ische Metrologie-Netzwerk EMN für Strahlenschutz ins Leben gerufen worden. Unter dem Dach von EURAMET findet sich hier die Expertise von aktuell 16 nationalen Metrologie­instituten, zwei nationalen Strahlen­schutz­instituten und einer europä­ischen Strahlen­schutz­organisation. Koordi­natorin ist Annette Röttger von der Physikalisch-Technischen Bundes­anstalt.

Abb.: Die Länder der Grün­dungs­mit­glieder des EMN für Strahlen­schutz....
Abb.: Die Länder der Grün­dungs­mit­glieder des EMN für Strahlen­schutz. Der Farb­code ent­spricht ihrem je­wei­ligen Bei­trag an per­so­nellen Kapa­zi­täten. (Bild: PTB)

Die Idee des Strahlenschutzes entwickelte sich schon 1896, ein Jahr nach Röntgens Entdeckung der Röntgen­strahlung. Doch bis sich die Idee durch­setzte, folgte eine lange und wechsel­volle Entwicklung, angefangen mit den schlimmen Strahlen­schäden, die sich die Forschungs­pioniere auf diesem Gebiet oftmals zuzogen, bis hin zur heutigen Situation mit ihren viel­fältigen, strengen gesetz­lichen Schutz­regelungen. Dabei umfassen diese Regelungen sowohl den Schutz der Beschäftigten vor beruflicher Strahlen­exposition als auch den Schutz der Bevölkerung vor den Folgen der natür­lichen Radio­aktivität.

In jüngster Zeit wurden beispiels­weise die Bestimmungen zum Schutz der Augenlinse oder beim Umgang mit gepulsten Strahlungs­feldern, wie sie etwa in der Laser-Material­bearbeitung eingesetzt werden, verschärft. Neue europäische Regelungen zum Umgang mit Radon sind in der Umsetzung. An diese Bestimmungen muss die Messtechnik laufend angepasst werden. Bei Kalibrierung oder Prüfung reicht es nicht, das Gerät mit nur einer Strahlungs­quelle zu testen, sondern es muss genau darauf geachtet werden, wie vielfältig die Anforderungen im späteren Einsatz sein werden. Nur so lässt sich gewähr­leisten, dass das Messgerät auch in realen Situationen zuverlässig misst.

„Der technologische Wandel sorgt für ganz neue Frage­stellungen, die schnell und zuverlässig gelöst werden müssen. So ist die Eignung eines Messgeräts für den möglicher­weise komplexen Messzweck heute die zentrale Heraus­forderung in der Metrologie des Strahlen­schutzes“, umreißt Röttger die Aufgabe. Es ist eine Aufgabe, die nur durch Arbeits­teilung gemeinsam zu lösen ist. „Es macht keinen Sinn, dass eine aufwändige Mess­einrichtung gleich vielfach in Europa vorhanden ist und gleicher­maßen wichtige Infra­strukturen für andere Aufgaben fehlen“, macht Röttger klar. „Statt­dessen wollen wir in dem neuen Netzwerk ermitteln, wo Bedarf herrscht, und dort gezielt unsere Mitglieder dabei unter­stützen, die fehlende Infra­struktur zu entwickeln“.

Das neue Netzwerk hat also die Aufgabe, eine besser koordinierte Metrologie-Landschaft in Europa aufzubauen. „Es geht darum, die vorhandenen Kompetenzen und Kapazitäten klug zu bündeln, um den größt­möglichen Nutzen daraus zu ziehen – und schließlich mit Weitsicht neue Kompetenzen zu bilden“, so die Koordinatorin. „Nur dann können Menschen und Organi­sa­tionen sicher sein, dass die strengen gesetz­lichen Regeln in Europa überall in gleicher Qualität in die Praxis übertragen werden. So können wir die Einführung neuer Techno­logien kompetent begleiten und gleich­zeitig das Schutz­niveau in Europa erhalten und ausbauen.“

Das EMN für Strahlenschutz wurde am 16. September offiziell gegründet. Mit der zentralen Unter­stützung von EURAMET bündelt das Netzwerk die Kompetenzen seiner Mitglieder und bietet ihren Dienst­leistungen eine gemeinsame Plattform. Das EMN für Strahlen­schutz wird außerdem durch das Inter­nationale Büro für Maß und Gewicht und die Inter­nationale Atomenergie-Organisation unter­stützt. Eine der wichtigsten Aufgaben des EMNs ist es, der Metrologie des Strahlen­schutzes eine starke Stimme in Europa zu geben, um zukünftig die techno­logische Entwicklung verant­wortungs­voll begleiten und unter­stützen zu können.

PTB / RK

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