Staub und Geröll aus fernen Welten
Die NASA-Sonde OSIRIS-REx hat eine Probe auf der Oberfläche des Asteroiden Bennu gesammelt.
Zwei Jahre dauerte die Anreise zum Asteroiden Bennu; weitere zwei Jahre waren für die Erkundungen vor Ort nötig. Nun hat die NASA-Raumsonde OSIRIS-REx mit einem spektakulären Manöver eine Staub- und Bodenprobe von dem erdnahen, kohlenstoffreichen Asteroiden genommen. Wie viel Material der „Touch-and-Go Sample Acquisition Mechanism“ (TAGSAM) aufgenommen hat, soll sich in den kommenden Wochen zeigen.
Kameras an Bord von OSIRIS-REx haben den Vorgang dokumentiert. Daraus schließt die Bodencrew, dass das „Aufsetzen“ am 21. Oktober um 00:08 Uhr unserer Zeit stattfand und nur sechs Sekunden dauerte. Allein der runde Kopf von TAGSAM hat dabei die Oberfläche aus Geröll innerhalb der Stichprobenfläche „Nightingale“ berührt.
Mithilfe von Stickstoffgas wirbelte die Sonde Staub und Geröll auf – einen Teil davon sollte TAGSAM aufgenommen haben. Um sich vom Asteroiden zu entfernen, zündete die Sonde ihre Korrekturdüsen und wirbelte nochmals lockeren Schutt auf: Eine weitere Probennahme im Bereich von Nightingale ist nicht mehr möglich. Die Sonde befindet sich nun wieder wie geplant in einem Orbit um Bennu.
Bennu bewegt sich momentan in 321 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde. Der gut erhaltene, sehr alte Asteroid bietet die Möglichkeit, die frühe Geschichte unseres Sonnensystems zu erkunden. Dazu gilt es, seine Zusammensetzung zu bestimmen. Insbesondere will das wissenschaftliche Team nach Spuren von Wasser und organischen Verbindungen wie Aminosäuren in den gesammelten Proben Ausschau halten. Dazu bringt OSIRIS-REx diese zurück zur Erde.
Eine ähnliche Mission betreibt auch die Japan Aerospace Exploration Agency (JAXA): Deren Raumsonde Hayabusa2 hat bereits Proben vom Asteroiden Ryugu an Bord und befindet sich auf dem Rückweg zur Erde. Der Abwurf ihrer Probenkapsel auf die Erde ist für den 6. Dezember geplant. So weit ist die NASA mit OSIRIS-REx noch lange nicht. Die Bilder des gestrigen Manövers lassen aber hoffen, dass Material gesammelt wurde.
Allerdings steht die Menge noch nicht fest. In den kommenden Tagen fährt OSIRIS-REx daher den Arm von TAGSAM aus und wird sanft um eine senkrechte Achse dazu rotieren. Der Vergleich des Trägheitsmoments aus dieser Bewegung mit einem Referenzwert vor dem Aufsammeln der Probe erlaubt es, die Masse der Probe abzuschätzen.
Sollten schon mehr als 60 Gramm Material an Bord sein, erfolgt die Einlagerung in der „Sample Return Capsule“ (SRC) – und die Sonde wird auf ihre Rückkehr zur Erde im März 2021 vorbereitet. Dann erlaubt die Position von Bennu eine kraftstoffsparende Reise.
Falls die Menge nicht ausreicht, hat die NASA für Mitte Januar einen zweiten und letzten Versuch geplant. Die anvisierte Stichprobenfläche „Osprey“ liegt in einem Krater in der Nähe von Bennus Äquator. Ganz ohne Ausbeute wird die Mission nicht bleiben: An TAGSAM befinden sich metallische Pads mit einer Oberfläche, die an Klettverschluss erinnert. Darin verfangen sich kleine Körner des aufgewirbelten Staubs.
OSIRIS-REx wird voraussichtlich Ende September 2023 nah genug an der Erde sein, um die Probenkapsel auszusetzen. An einem Fallschirm soll sie dann in der Wüste von Utah landen. Für die Untersuchung und spätere Aufbewahrung des wertvollen extraterrestrischen Materials errichtet die NASA derzeit ein eigens optimiertes Labor am Johnson Space Center in Houston, Texas.
Kerstin Sonnabend
Weitere Informationen
Weitere Beiträge
- D. Eidemüller, Ein Asteroid als Hüpfburg, Nachrichten pro-physik.de, 6. Dezember 2019
- K. Sonnabend, Vom Innenleben eines Asteroiden, Physik Journal, August/September 2019, S. 17 (PDF)
- K. Sonnabend, Mit dem Falken zum Drachenpalast, Physik Journal, Oktober 2018, S. 12 (PDF)
- N. Beier, Auf den Spuren des frühen Sonnensystems, Physik Journal, Oktober 2016, S. 12 (PDF)
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