23.05.2024

Starke Aktoren aus Formgedächtnislegierungen

Prototypen können große Kräfte bei geringer Baugröße erstmals schnell schalten.

Viele Anwendungen etwa im Werkzeug- und Maschinenbau benötigen Aktoren, um elektrische Signale in mechanische Bewegungen umsetzen zu können. Sind dabei große Kräfte bei geringem Bauraum erforderlich, haben Aktoren aus thermischen Formgedächtnis­legierungen bereits heute die Nase vorn. Einziges Manko ist ihr schlechtes Abkühlverhalten und die damit einher­gehende geringe Dynamik. Nun haben drei Fraunhofer-Institute eine neue Klasse von Hochlast-Form­gedächtnis-Aktoren entwickelt. Diese können große Kräfte, bei geringer Bau­größe erstmals hochdynamisch schalten.

Abb.: Hochlastaktoren auf Basis thermischer Formgedächtnislegierungen...
Abb.: Hochlastaktoren auf Basis thermischer Formgedächtnislegierungen entfalten hohe Kräfte auf kleinem Raum und arbeiten hochdynamisch.
Quelle: Fh.-IPM

Im kürzlich abgeschlossenen Forschungs­projekt HochPerForm hat ein Team vom Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM, vom Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umform­technik IWU und vom Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Material­forschung IFAM kompakte, hochdynamische Hochlastaktoren auf Basis thermischer Formgedächtnis­legierungen (FGL) entwickelt. Diese neuartigen Aktoren sind bei einem Durchmesser von nur fünfzehn Millimetern und einer Länge von sechzehn Millimetern in der Lage, eine Masse von einer halben Tonne um bis zu 200 Mikrometer anzuheben. Dank eines innovativen Peltier-Temperier­systems können die Aktoren mit mehr als 0,3 Hertz geschaltet werden. Zur Ansteuerung werden lediglich zwei Kabel benötigt, die mit einer dezentralen, kostengünstigen Regel­elektronik verbunden sind.

Zunächst wurden einzelne Teil­funktionsmuster entwickelt, um die drei zentralen Fragestellungen des Projektes zu beantworten. Erstens: Wie kann der Bauraum eines FGL-Hochlastaktors minimiert werden? Zweitens: Wie gelingt die schnelle Temperierung des entwickelten Aktors? Und drittens: Können die benötigten FGL-Komponenten additiv gefertigt werden? Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen entwickelte das Team einen FGL-Hochlastaktor, der dank einer additiv gefertigten FGL-Komponente und einer leistungsfähigen Temperierung ein deutlich verbessertes Eigenschafts­profil aufweist. Anhand eines Funktions­demonstrators konnte gezeigt werden, dass sich die neuen Hochlastaktoren ideal beispielsweise für die Fein­positionierung von Bauteilen in Produktions­maschinen eignen und für Anwendungen prädestiniert sind, die große Halte- bzw. Spannkräfte erfordern.

Zur schnellen Kühlung eines FGL-Hochlastaktors hat ein Team von Fraunhofer IPM zwei Ansätze verfolgt: zum einen schaltbare Heatpipes, zum anderen runde thermo­elektrische Module. Insbesondere mit dem zweiten Ansatz war es möglich, hohe Dynamiken bei geringer Systemgröße zu erreichen. Das eröffnet im Hinblick auf Kompaktheit, Regelbarkeit und Einfachheit völlig neue Einsatzmöglichkeiten für FGL-Aktoren. Der Basis-FGL-Hoch­lastaktor wurde am Fraunhofer IWU entwickelt. Er besteht neben der FGL-Komponente, die als Energiewandler fungiert, aus einem ausgeklügelten Vorspannsystem. Bei der Entwicklung wurde ein Baukasten­prinzip realisiert, das es erlaubt, FGL-Hochlast­aktoren kundenspezifisch auf die jeweiligen Anforderungen anzupassen.

Die Geometrie­freiheit und Verfügbarkeit von Formgedächtnis­komponenten war bisher ein Manko der FGL-Hochlastaktorik. Am Fraunhofer IFAM ist es gelungen, dieses Problem durch die additive Fertigung maßgeschneiderter FGL-Bauteile zu lösen. Dank der großen Erfahrung des Fraunhofer IFAM konnten zudem die Funktions­eigenschaften wie Hysterese und Degradation durch pulverbett­basiertes Laserstrahl­schmelzen (L-PBF) deutlich verbessert werden.

Fh.-IPM / JOL

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