Sputterschichten auf dem Mars
Hochpräzises optisches Filtersystem hilft Perseverance bei der Staubanalyse.
Nach über einem halben Jahr und 472 Millionen Kilometern Reise ist der neue Mars-Rover Perseverance erfolgreich auf dem Mars gelandet und liefert schon seit der Landung spektakuläre Bilder des Nachbarplaneten. Das Ziel: Wichtige Erkenntnisse über etwaiges Leben auf dem Mars gewinnen. Dafür ist in dem eine Tonne schweren Rover umfangreiche, hochsensible Technik verbaut – auch aus Deutschland. Vom Fraunhofer IST aus Braunschweig ist ein spezieller optischer Filter integriert.
Konkret befindet sich der Filter in einem optischen Sensor zur Staubcharakterisierung im „Mars Environmental Dynamics Analyzer“, kurz MEDA. „Der MEDA führt Wettermessungen durch, u. a. werden Windgeschwindigkeit und -richtung, Temperatur und Luftfeuchtigkeit gemessen, aber auch Strahlung sowie Menge und Größe von Staubpartikeln in der Marsatmosphäre“, skizziert Dr. Michael Vergöhl, Leiter der Abteilung Niederdruckplasmaverfahren des Braunschweiger Fraunhofer IST, das System. In seiner Abteilung werden mit einer speziellen Beschichtungsanlage, dem Sputtersystem EOSS, u. a. hochpräzise optische Filtersysteme entwickelt. „Bei unseren Entwicklungen handelt es sich stets um Spezialanfertigungen – so ist im Rover ein für diesen Anlass hergestellter Bandpassfilter im Einsatz.“
Der Mar·s Environmental Dynamics Analyzer soll im Zuge der Mission wesentlich dazu beitragen, die Erforschung des Mars durch Menschen vorzubereiten. Bereitgestellt werden in diesem Zusammenhang etwa tägliche Wetterberichte, Informationen zu den Strahlungs- und Windmustern und Erkenntnisse hinsichtlich der staubigen Oberfläche des Mars, die den Planeten dominiert. Jene Oberfläche i st übrigens der Grund, warum der Mars auch Roter Planet genannt wird: Denn für die rötliche Färbung sorgt der Eisenoxid-Staub, der die Oberfläche überdeckt. Der Staub auf dem Mars gibt Aufschlüsse über die dortige Klimageschichte.
Projektleiter Stefan Bruns erläutert dazu die mit dem Vorhaben verbundenen, besonderen Herausforderungen: „Der Winkelshift – d. h. die Verfälschung der Messung durch schräg einfallendes zu detektierendes nahes Infrarot-Licht – muss möglichst gering ausfallen, gleichzeitig muss der Filter die extreme Gamma-, Protonen- und ionisierende Strahlung vor Ort aushalten. Außerdem ist ein wesentlicher Aspekt die Temperaturstabilität: Auch bei sehr tiefen Temperaturen bis zu -120 Grad Celsius darf sich der durchgelassene Wellenlängenbereich von 950 nm, das sogenannte Passband, nicht gravierend verschieben.“ Durch das Instituto Nacional de Técnica Aeroespacial (deutsch: Nationales Institut für Luft- und Raumfahrttechnik), kurz INTA, wurden im Vorfeld der Mission fast vier Jahre lang umfangreiche und teilweise schärfste Tests im Vakuum mit Blick auf Druck- und Temperatur-Bedingungen durchgeführt. Dabei wurde der Filter beispielsweise dreitausendmal einem schnellen Temperaturwechsel zwischen -45 und 135 Grad Celsius ausgesetzt. „Das System soll ja schließlich nicht nach ein paar Marstagen ausfallen“, erklärt Bruns.
Die Sensoren des MEDA sind im Rover an unterschiedlichen Positionen integriert, unter anderem am „Hals“ des Geräts, an der Frontseite sowie im Innenteil. Die Sensorik für Strahlungsbelastung und Staub befinden sich auf der Oberseite des Rovers. Dort ist auch der Filter des Fraunhofer IST eigesetzt. „Die Aufgabe des Filters ist es, nur Licht im nahen Infrarot-Bereich durchzulassen. Dabei geht es darum, den Staub auf der Oberfläche des Mars zu erkennen“, schildert Bruns. Angefragt wurde der Filter von der spanischen Weltraumorganisation INTA.
Hergestellt haben die Wissenschaftler des IST den Bandpassfilter auf der EOSS-Beschichtungsanlage mittels Magnetronsputtern. Um zu gewährleisten, dass die extrem dünnen Einzelschichten des Filters hochpräzise und homogen abgeschieden werden, wird das ebenfalls am IST entwickelte optische Monitoring System MOCCA+ eingesetzt. Natürlich kommen Bandpassfilter nicht nur interstellar zum Einsatz. Der Abteilungsleiter Michael Vergöhl dazu: „Es gibt auch immer wieder Bandpassfilter für Anwendungen auf der Erde. Die Besonderheit dieser Filter liegt darin, dass sie auch unter außergewöhnlichen Umwelteinflüssen sehr stabil arbeiten.“ Je nach Rahmenbedingung werden die Filter für jeden Anlass besonders entwickelt.
IST / LK