Sprechen ohne „sch“ ist wie Musizieren ohne Rauschen
Rauschen gehört zum charakteristischen Klang von Musik und ist essentiell für das Sprechen. Das erklärt ein neuer Artikel in „Physik in unserer Zeit“.
Beim Anblasen einer Querflöte wird es besonders gut hörbar: Ohne das Rauschen des Luftstroms würde ein entscheidendes Element ihres charakteristischen Klangs fehlen. Und selbst bei einer virtuos gespielten Violine sind immer anharmonische Klangkomponenten mithörbar, deren Ursache die Reibung auf der Saite ist. Das macht den Sound solcher Saiteninstrumente aus. Synthetischen Klängen werden darum bewusst Rauschanteile beigemischt, um sie realistischer zu gestalten.
Für den typischen Klang eines Instruments spielt auch der Frequenzbereich des Rauschens eine entscheidende Rolle (Abbildung): Der Klavierklang weist vor allem ein starkes Rauschen bei niederen Frequenzen auf, bei einer Trompete steigt die Rauschkomponente bis etwa 1000 Hz an, um dann schwach abzufallen. Bei einer Flöte ist das Rauschen über einen weiten Frequenzbereich annähernd gleich stark.
Für die menschliche Stimme ist der Beitrag des Rauschens sogar noch wichtiger: Ohne Rauschanteile wäre Sprechen gar nicht möglich. Für die Vokale gelten die vorigen Überlegungen, da sie aus harmonischen Anteilen und einem Hintergrundrauschen zusammen gesetzt sind. Aber stimmlose Konsonanten wie sch, ch, oder f sind reines Rauschen! Beim Konsonanten s gibt es zwei Varianten, ein stimmloses wie in Kuss oder ein stimmhaftes beim Sohn. Im letzteren Fall schwingen die Stimmlippen etwas mit, und es ergibt sich eine Mischung von Rausch- und harmonischen Anteilen.
Verschiedene Sprachen unterscheiden sich stark in der Art und Zahl der verschiedenen Konsonanten: Afrikanische Bantusprachen enthalten Klicklaute, im Russischen oder Polnischen gibt es vier verschiedene Formen von sch, zwei stimmhafte und zwei stimmlose. Dies erschwert das Erlernen einer solchen Sprache, da Angehörige anderer Sprachfamilien die Unterschiede oft kaum oder gar nicht wahrnehmen.
Den Begriff „Rauschen“ führte Walter Schottky 1918 ein, als er unregelmäßige Stromschwankungen über Lautsprecher hörbar gemacht und sie analysiert hatte. Es gibt unterschiedliche Formen von Rauschen, der Artikel im Heft erklärt die Beispiele des weißen, rosa und braunen Rauschens genauer. Rauschen kann auch zur Maskierung einer Störung, zum Beispiel eines Hintergrundgeräuschs, eingesetzt werden. Dieser Effekt lässt sich auch therapeutisch zur Behandlung der Tinnitus-Erkrankung anwenden.
L. Mathelitsch & I. Verovnik / RW