Spektroskopisch erfassbare Quantenbits
Modell eines molekularen Mehr-Qubit-Systems für Quantencomputer.
Moleküle werden für Quantencomputer interessant, wenn sie einzeln ansteuerbare, miteinander wechselwirkende Quantenbit-Zentren aufweisen. Das ist der Fall in einem Molekülmodell mit drei unterschiedlichen Qubit-Zentren, das ein internationales Forschungsteam jetzt vorstellt. Da jedes Zentrum einzeln spektroskopisch ansteuerbar ist, könnten erstmals bei einem molekularen Mehr-Qubit-System Algorithmen für die Verarbeitung von Quanteninformationen entwickelt werden, so die Wissenschaftler.
Das von Richard Winpenny und Alice Bowen von der University of Manchester geleitete Team hat ein molekulares Modellsystem mit mehreren separaten Qubit-Einheiten geschaffen. „In unserem molekularen System stellen nicht Atome oder Photonen die Basis der Qubit-Zentren dar, sondern ungepaarte Elektronen,“ erklärt Bowen. „Elektronen haben einen Eigendrehimpuls, den Spin. Da der Spin zwei überlagerbare Quantenzustände einnimmt, eignen sich Moleküle, die mehrere Elektronenspinsysteme haben können, grundsätzlich als mögliche Mehr-Qubit-Systeme für Quantencomputer.“
Das von den Forschern analysierte Molekül beherbergt drei solche Spinsysteme: einen Kupferionenkomplex, einen Ring aus sieben Chromatomen und einem Nickelatom sowie eine Stickstoffoxideinheit. Für jedes einzelne Qubit-System beobachtete das Team ein charakteristisches Resonanzsignal im Elektronenspinresonanzspektrum. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die einzelnen Qubit-Einheiten unabhängig voneinander mithilfe der ESR angesteuert und untereinander geschaltet werden können. Die Ansteuerbarkeit ist eine unbedingte Voraussetzung dafür, dass Mehr-Qubit-Systeme in Quantencomputern zum Einsatz kommen können,“ so Bowen.
Im Vergleich zu bisherigen Systemen könnten molekulare Mehr-Qubit-Systeme einige Vorteile bieten. Denn Qubit-Systeme wurden bislang vor allem aus einzelnen Atomen oder Photonen hergestellt. Solche Systeme sind nur bei extrem tiefen Temperaturen stabil. Dagegen lassen sich molekulare Mehr-Qubit-Systeme nicht nur durch chemische Synthese einfach verändern und anpassen. Sie vertragen auch höhere Temperaturen im Betrieb. Quantencomputer könnten somit billiger werden.
Wiley-VCH / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. J. Rogers et al.: Modelling Conformational Flexibility in a Spectrally Addressable Molecular Multi-Qubit Model System, Ang. Ch., online 12. Oktober 2022; DOI: 10.1002/ange.202207947 - EPSRC National Service for Electron Paramagnetic Resonance Spectroscopy, University of Manchester, Großbritannien