05.04.2023 • Magnetismus

Skyrmionen helfen bei der Mustererkennung

Magnetisches Material löst mehrdimensionale Probleme energiesparend und ohne aufwändiges Training.

Kann ein Material schnell und effizient Muster erkennen? Diese Frage stellte sich ein Team theoretischer Physiker, geleitet von Karin Everschor-Sitte von der Uni Duisburg-Essen. Den Beleg, dass es funktioniert, erbrachten die Forscher anhand von Sprach­erkennung. Das Team nutzte Audio­aufnahmen der gesprochenen Ziffern 0 bis 9 aus einer Standard-Datenbank. Die Physiker analysierten, zu welchem Zeitpunkt des gesprochenen Worts welche Frequenzen wie intensiv beteiligt sind. Diese Infor­ma­tionen wandelten sie in Spannungs­signale um, die sie über 39 Kontakte an einen dünnen magnetischen Film anlegten.

Abb.: In einem mag­ne­tischen Film be­finden sich Skyr­mionen, die auf die...
Abb.: In einem mag­ne­tischen Film be­finden sich Skyr­mionen, die auf die Span­nung rea­gieren. So bildet das Mate­rial für jede ge­spro­chene Zahl ein in­di­vi­du­elles Muster ab, das an­schlie­ßend aus­ge­lesen werden kann. (Bild: UDE)

In diesem Material befinden sich Skyrmionen, kleine magnetische Wirbel, die auf die Spannung reagieren, indem sie sich verformen. „Vereinfacht kann man sich das vorstellen wie ein schwarz­weißes Muster, das seine Formen ändert“, erläutert Team-Mitglied Robin Msiska. So bildet das Material für jede gesprochene Zahl ein indivi­duelles Muster ab, das anschließend wie ein QR-Code von einem simplen Rechner linear ausgelesen werden kann.

Die aufwändigen Simulationen hierzu wurden weitgehend im flämischen Super­computer­zentrum in Zusammen­arbeit mit der Universität Gent durchgeführt. Das Ergebnis: 97,4 Prozent der Zahlen erkannte das System korrekt. Unter­suchte man aus­schließ­lich Frauen­stimmen, stieg der Wert auf 98,5 Prozent. „Damit zeigt es die beste Leistung, die jemals für In-Material-Reservoir-Computer berichtet wurde“, freut sich Everschor-Sitte. Und das auf kleinstem Raum: Gerade mal einen Mikro­meter Kanten­länge hat das Stück, mit dem die Physiker gearbeitet haben.

„Verwendet man ein neuronales Netz, ist das Training teuer und benötigt enorme Datensätze. Unser Material­system kann Probleme des maschinellen Lernens lösen, ohne ein System aus Millionen mit­ein­ander verbundener Neuronen aufbauen zu müssen – die hier gezeigte Sprach­erkennung ist nur ein Beispiel. Das geht schneller und verbraucht weniger Energie“, erklärt die Physikerin.

Anwendungsfelder sieht sie überall, wo es gilt, verschiedene Signale zu erkennen und zu inter­pretieren: beim autonomen Fahren, in der Wetter­vorher­sage oder auch in der Medizin. In Zusammen­arbeit mit anderen Forschern der Uni Duisburg-Essen steht derzeit eine medizinische Standard­unter­suchung im Mittel­punkt: das Elektro­enzephalo­gramm, das die elektrische Aktivität des Gehirns misst. Die Physiker erforschen, ob das magnetische System dessen Ergebnisse eigen­ständig inter­pretieren kann.

UDE / RK

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