Skyrmionen helfen bei der Mustererkennung
Magnetisches Material löst mehrdimensionale Probleme energiesparend und ohne aufwändiges Training.
Kann ein Material schnell und effizient Muster erkennen? Diese Frage stellte sich ein Team theoretischer Physiker, geleitet von Karin Everschor-Sitte von der Uni Duisburg-Essen. Den Beleg, dass es funktioniert, erbrachten die Forscher anhand von Spracherkennung. Das Team nutzte Audioaufnahmen der gesprochenen Ziffern 0 bis 9 aus einer Standard-Datenbank. Die Physiker analysierten, zu welchem Zeitpunkt des gesprochenen Worts welche Frequenzen wie intensiv beteiligt sind. Diese Informationen wandelten sie in Spannungssignale um, die sie über 39 Kontakte an einen dünnen magnetischen Film anlegten.
Die aufwändigen Simulationen hierzu wurden weitgehend im flämischen Supercomputerzentrum in Zusammenarbeit mit der Universität Gent durchgeführt. Das Ergebnis: 97,4 Prozent der Zahlen erkannte das System korrekt. Untersuchte man ausschließlich Frauenstimmen, stieg der Wert auf 98,5 Prozent. „Damit zeigt es die beste Leistung, die jemals für In-Material-Reservoir-Computer berichtet wurde“, freut sich Everschor-Sitte. Und das auf kleinstem Raum: Gerade mal einen Mikrometer Kantenlänge hat das Stück, mit dem die Physiker gearbeitet haben.
„Verwendet man ein neuronales Netz, ist das Training teuer und benötigt enorme Datensätze. Unser Materialsystem kann Probleme des maschinellen Lernens lösen, ohne ein System aus Millionen miteinander verbundener Neuronen aufbauen zu müssen – die hier gezeigte Spracherkennung ist nur ein Beispiel. Das geht schneller und verbraucht weniger Energie“, erklärt die Physikerin.
Anwendungsfelder sieht sie überall, wo es gilt, verschiedene Signale zu erkennen und zu interpretieren: beim autonomen Fahren, in der Wettervorhersage oder auch in der Medizin. In Zusammenarbeit mit anderen Forschern der Uni Duisburg-Essen steht derzeit eine medizinische Standarduntersuchung im Mittelpunkt: das Elektroenzephalogramm, das die elektrische Aktivität des Gehirns misst. Die Physiker erforschen, ob das magnetische System dessen Ergebnisse eigenständig interpretieren kann.
UDE / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Msiska et al.: Audio Classification with Skyrmion Reservoirs, Adv. Intell. Syst., online 22. März 2023; DOI: 10.1002/aisy.202200388 - Topological Whirls In Spintronics (K. Everschor-Sitte), Theoretische Physik, Universität Duisburg-Essen