Reaktionsvermögen prozessangepasster Breitstrahlionenquellen unter Beobachtung
IOM Leipzig baut umfassende Diagnostikplattform für reaktive Ionenstrahlprozesse auf.
Ionenstrahlbasierte Abtragsprozesse unter Verwendung inerter Ionen zur Formgebung, Strukturierung und Glättung von Oberflächen haben in den letzten Jahren einen enormen Aufschwung erfahren und sind mittlerweile etablierte Schlüsseltechnologien zum Beispiel in der High-End-Optikfertigung. Dazu gehören Anwendungen wie die Ionenstrahlendbearbeitung von Einzelspiegeln oder Spiegelsystemen für die Astronomie – die Hauptspiegel des Extremely Large Telescope (ELT) sind dafür eindrucksvolles Beispiel – oder die Endbearbeitung von Lithographie-Optiken. Zunehmend an Bedeutung gewinnen in letzter Zeit aber insbesondere reaktive ionenstrahlbasierte Abtragsprozesse (Reactive Ion Beam Etching – RIBE). Hier werden, neben dem rein physikalischen Prozess der Zerstäubung, auch chemische Reaktionen zwischen der Oberfläche und dem auf diese einfallenden reaktiven Ion oder Radikal ausgenutzt, wodurch zusätzlich Freiheitsgrade für den definierten Materialabtrag entstehen.
Grundvoraussetzung für die genannten Anwendungen ist jedoch, dass den stetig steigenden Genauigkeitsanforderungen in diesem Hochtechnologiesektor (Formgenauigkeit, Rauheit, Prozessstabilität und -kontrolle) entsprochen werden kann. Von zentraler Bedeutung sind dabei hochentwickelte und prozessangepasste reaktivgas-geeignete Ionenquellen, die bestimmten Anforderungen hinsichtlich Stabilität, prozessangepasste Strahlzusammensetzung, Wartungszeiten, etc. genügen müssen. Gegenwärtig existieren Breitstrahlionenquellen unterschiedlicher Bauart und Anregungsprinzipien (Kaufman, HF, ECR), die zwar sehr gut für inerte Ionenstrahlprozesse geeignet sind, aber nur sehr eingeschränkt für reaktive Prozessgase verwendet werden können.
Das Leibniz-Institut für Oberflächenmodifizierung e.V. (IOM) verfügt in Kooperation mit Partnern aus Forschung und Industrie über eine mehr als 40-jährige Erfahrung sowohl auf dem Gebiet der Entwicklung als auch Anwendung von Breitstrahlionenquellen. Aufgrund der applikationsgegebenen Notwendigkeit sollen deshalb zukünftig innerhalb der FuE-Arbeiten wieder verstärkt die Entwicklung und Optimierung prozessangepasster Breitstrahlionenquellen vorangetrieben werden. Voraussetzung für derartige technologische Entwicklungen ist eine ausgefeilte Diagnostikplattform zur Charakterisierung von reaktiven Ionenstrahlprozessen, welche gegenwärtig weder in Sachsens noch in anderen Teilen Deutschlands existiert.
Seit Oktober dieses Jahr wird nun mit öffentlichen Fördermitteln der Sächsischen Aufbaubank - Förderbank – SAB der Aufbau einer solchen Diagnostikplattform mit mehr als einer Million Euro gefördert und damit auch in die Weiterentwicklung der Infrastruktur des IOM investiert. Mit dieser Infrastrukturmaßnahme soll eine nachhaltige Stärkung der Forschungsinfrastruktur gesichert werden,damit auch zukünftig die zum Teil weltweit einzigartige Stellung des IOM auf dem Gebiet der Entwicklung und Anwendung von Breitstrahlionenquellen erhalten und ausgebaut werden kann. Dabei werden drei Hauptziele verfolgt: 1) der Aufbau einer neuen universellen Diagnostikplattform für reaktive Ionenstrahlprozesse, 2) die Erarbeitung von Prozessgrundlagen und neue Anwendungen sowie 3) die Schaffung der Basis für den Transfer der zu erwartenden technologischen Ergebnisse in die industrielle Nutzung.
Die Zuwendung wird aus Mitteln des europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und aus Steuermitteln auf Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes zur Verfügung gestellt.
IOM / LK