Paarung von Elektronen in künstlichen Atomen entdeckt
Kleinstmögliche Version eines Supraleiters erzeugt.
Physiker der Universität Hamburg haben einen Quantenzustand beobachtet, der vor mehr als fünfzig Jahren von japanischen Theoretikern vorhergesagt, aber bisher nicht im Experiment nachgewiesen wurde. Durch die Konstruktion eines künstlichen Atoms auf der Oberfläche eines Supraleiters gelang es den Forschern, die Elektronen solcher Quantenpunkte zu Paaren zu verbinden und damit die kleinstmögliche Version eines Supraleiters zu erzeugen.
Normalerweise tendieren Elektronen, die um den Atomkern herumschwirren, dazu, sich gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Dieses Phänomen hat einen enormen Einfluss auf viele Eigenschaften von Materialien, wie etwa den elektrischen Widerstand. Solche Eigenschaften können sich drastisch ändern, wenn die Elektronen zu Paaren gebunden sind und sich damit zu Bosonen zusammenschließen.
Denn Bosonen vermeiden einander nicht wie einzelne Elektronen, sondern können am selben Ort verweilen oder exakt dieselbe Bewegung ausführen. Eine der faszinierendsten Eigenschaften eines Materials mit solchen gebundenen Elektronenpaaren ist die Supraleitfähigkeit, die es ermöglicht, einen elektrischen Strom ohne jeglichen elektrischen Widerstand durch das Material fließen zu lassen.
Supraleitende Materialien haben ein enormes Potenzial für technologische Anwendungen. Aktuell kommen sie zum Beispiel bei Magnetspintomographen in der Medizin oder hochauflösenden Magnetfeldsensoren zum Einsatz. Darüber hinaus treibt die stetig zunehmende Verkleinerung elektronischer Schaltkreise derzeit die Erforschung von Phänomenen der Supraleitfähigkeit in viel kleineren, nanostrukturierten Systemen an.
Das Team hat jetzt die Paarbildung von Elektronen in einem künstlichen Atom, also einem Quantenpunkt, realisiert – dem kleinsten Baustein nanostrukturierter elektronischer Schaltkreise. Unter der Leitung von Jens Wiebe sperrten die Forscher zu diesem Zweck die Elektronen in winzigen Käfigen ein, die sie Atom für Atom aus Silber aufbauten.
Durch die Kopplung der eingesperrten Elektronen an einen elementaren Supraleiter erben die Elektronen Eigenschaften dieses Supraleiters, der Elektronen zu Paaren verbindet. Die Forscher brachten die experimentelle Signatur, eine Resonanz bei sehr niedriger Energie, mit einem vor fünfzig Jahren von Kazushige Machida und Fumiaki Shibata vorhergesagten Quantenzustand in Verbindung.
Während dieser Zustand bisher der direkten Detektion durch experimentelle Methoden entgangen ist, zeigen jüngste Berechnungen von Forscher aus den Niederlanden und Dänemark, dass er unerwünschtes Rauschen in Transmon-Qubits unterdrücken könnte, einem essenziellen Baustein moderner Quantencomputer.
UHH / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
L. Schneider et al.: Proximity superconductivity in atom-by-atom crafted quantum dots, Nature, online 16. August 2023; DOI: 10.1038/s41586-023-06312-0 - Institut für Nanostruktur- und Festkörperphysik, Universität Hamburg
Weitere Beiträge