26.11.2024

Neues Konzept für das Wide Field Spectroscopic Telescope

EU sichert Finanzierung für die Konzeption des für 2040 geplanten Teleskops.

In diesem Monat wurde ein Vertrag zur Finanzierung der Konzept­studie für ein neues Teleskop, das Wide Field Spectroscopic Telescope (WST), unterzeichnet, das ab 2040 in Chile in Betrieb gehen könnte. Das inter­nationale Konsortium, welches das WST-Projekt leitet, erhält drei Millionen Euro, um in den nächsten drei Jahren, von 2025 bis 2027, eine detaillierte Konzept­studie zu erstellen. Das WST-Projekt zielt darauf ab, ein Teleskop zu bauen, das spektro­skopische Durch­musterungen über ein großes Himmelsfeld ermöglichen wird und diverse astronomische Objekte beobachten kann – von fernen Galaxien bis hin zu Asteroiden und Kometen in unserem Sonnensystem. 

Abb.: Ein erster Entwurf des Wide Field Spectroscopic Telescopes.
Abb.: Ein erster Entwurf des Wide Field Spectroscopic Telescopes.
Quelle: G.Gausachs, WST

Das Projekt wurde als Teil des Horizon Europe Rahmenprogramms der Europäischen Union im Rahmen einer Ausschreibung für Forschungsinfrastrukturen ausgewählt. Das internationale Konsortium plant das WST als nächste große Beobachtungs­infrastruktur der Europäischen Südsternwarte (ESO) nach der Fertigstellung des Extremely Large Telescope (ELT), das derzeit gebaut wird. Das Konsortium umfasst 19 Forschungs­einrichtungen aus ganz Europa und Australien, einschließlich dem Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP), mit einem wissenschaftlichen Team von mehr als  sechshundert Mitgliedern aus 32 Ländern auf allen fünf Kontinenten. 

Das WST soll eine kritische Lücke schließen: ein Großteleskop, welches ausschließlich für die spektro­skopische Beobachtung von Himmels­objekten bestimmt ist. Der Bedarf an einer solchen Beobachtungs­infrastruktur wird in zahlreichen strategischen internationalen Forschungs­plänen, die die wichtigsten Prioritäten für die astro­physikalische Forschung im kommenden Jahrzehnt umreißen, ausdrücklich genannt, so auch in der European Astronet Roadmap 2023. Trotz des Baus von bodengestützten Teleskopen mit 30- bis 40-Meter-Spiegeln gibt es keine bestehenden oder geplanten Einrichtungen mit den einzig­artigen Eigenschaften des WST, nämlich einem Hauptspiegel mit zwölf Metern Durchmesser, dem gleichzeitigen Betrieb eines Multi-Objekt-Spektrographen (MOS), der ein großes Gesichtsfeld mit hohen Multiplex-Fähigkeiten – 20.000 Objekte pro Aufnahme – abdecken kann, sowie einem Panorama-Integralfeld-Spektro­graphen (IFS), der eine scheinbare Himmelsfläche von neun Quadrat­bogenminuten lückenlos erfasst.

„Diese Spezifikationen sind sehr ehrgeizig und stellen das WST-Projekt über die bestehenden und geplanten boden­gestützten Beobachtungs­infrastrukturen. In nur fünf Jahren könnten mit dem MOS Spektren von 250 Millionen Galaxien und 25 Millionen Sternen mit niedriger spektraler Auflösung sowie von mehr als zwei Millionen Sternen mit hoher Auflösung erfasst werden, während das IFS 4 Milliarden Spektren liefern würde, die es den Forschenden ermöglichen würden, diese Quellen vollständig zu charak­terisieren“, sagt Roland Bacon.

Matthias Steinmetz, wissenschaftlicher Vorstand des AIP, sagt: „Das WST wird die mit RAVE, MUSE und 4MOST am AIP begonnenen Arbeiten im Bereich umfassender spektro­skopischer Himmelsdurch­musterungen sowohl technisch als auch in der astro­physikalischen Anwendung auf die nächste Ebene heben. Es wird uns ermöglichen, einen weitaus systematischeren und tieferen Blick in den Kosmos zu werfen.“ Gegen Ende der Konzeptstudie wird die Eso ein Auswahl­verfahren starten, um die innovativsten und wissenschaftlich vielver­sprechendsten Projekte zu bewerten. Im Falle einer Genehmigung würde das WST die nächste Großanlage der Eso werden, die in den 2040er Jahren bahnbrechende astro­physikalische Fragen beantworten könnte.

AIP / JOL

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