Modem für das Quanten-Internet
Quanten-Modem mit Erbiumatomen läuft bei gängigen Glasfaser-Telekommunikations-Frequenzen.
Die erste Quantenrevolution brachte die Halbleiterelektronik, den Laser und schließlich das Internet hervor. Die zweite Quantenrevolution verspricht abhörsichere Kommunikation oder Quantencomputer für bislang unlösbare Rechenaufgaben. Noch aber steckt diese Revolution in den Babysocken. Ein zentrales Forschungsobjekt ist die Schnittstelle zwischen lokalen Quantengeräten und der Fernübertragung hochsensibler Quanteninformation durch Lichtquanten. An einem solchen „Quantenmodem“ forscht die von Andreas Reiserer geleitete Otto-Hahn-Gruppe „Quanten-Netzwerke“ am Max-Planck-Institut für Quantenoptik in Garching. Dem Team ist nun ein erster Durchbruch zu einer relativ einfachen, aber hocheffizienten Technik gelungen, die sich in bestehende Glasfasernetze integrieren lässt.
Beim Quanteninternet geht es um das globale Vernetzen neuer Technologien. Allerdings erfordert dies geeignete Schnittstellen für die extrem empfindliche Quanteninformation, was technisch eine enorme Herausforderung ist. Daher sind solche Schnittstellen eine zentrale Baustelle der Grundlagenforschung. Sie müssen möglichst verlustarm dafür sorgen, dass ruhende Qubits effizient mit „fliegenden“ Qubits für die Fernkommunikation interagieren, ohne die Quanteninformation zu zerstören. Ruhende Qubits befinden sich in den lokalen Geräten, zum Beispiel als Speicher oder Prozessor eines Quantencomputers. Fliegende Qubits sind in der Regel Photonen, die die Quanteninformation durch die Luft, das Vakuum des Weltalls oder durch Glasfasernetze transportieren.
Das „Quanten-Modem“ soll eine Verbindung zwischen fliegenden und ruhenden Qubits effizient herstellen. Dafür hat das Team um Andreas Reiserer und den Doktoranden Benjamin Merkel eine neue Technik entwickelt und gerade eben ihre grundlegende Funktionsfähigkeit demonstriert. Ihr entscheidender Vorteil: Sie wäre in das bereits bestehende Telekommunikations-Glasfasernetz integrierbar. Damit ließe sich eine funktionierende Fernvernetzung von Quantentechnologien am schnellsten vorantreiben.
Die neue Technik setzt Erbiumatome als ruhende Qubits ein. Denn in ihnen kann ein Elektron einen Quantensprung machen, der direkt zur Standard-Infrarotwellenlänge der Photonen in den Glasfasernetzen passt. Allerdings müssen die Photonen intensiv an den Erbiumatomen rütteln, damit der Quantensprung passiert.
Dazu packte das Team die Atome in einen transparenten Kristall aus einer Yttriumsilikatverbindung, der fünfmal dünner als ein menschliches Haar ist. Dieser Kristall kommt wiederum zwischen zwei nahezu perfekte Spiegel. So animieren sie die Erbiumatome, sehr viel effizienter und fast sechzigmal schneller ihren Quantensprung zu machen als ohne den Spiegelresonator. Da die Spiegel trotz ihrer Perfektion auch etwas durchlässig für die Photonen sind, kann sich das Modem mit dem Netz verbinden. Das Team konnte nun demonstrieren, dass dieses Prinzip sehr erfolgreich und effizient funktioniert. Noch ist das Garchinger Quanten-Modem reine Grundlagenforschung. Doch es hat das Potenzial, die technische Realisierung eines Quanteninternets voranzutreiben.
MPQ / DE