10.12.2021 • KosmologieKernphysik

Leichten Teilchen der dunkle Materie auf der Spur

Neue Technik der kernmagnetischen Resonanz um fünf Größenordnungen empfindlicher.

Ein internationales Forscherteam hat eine Labor-Methode zur Suche nach extrem leichten Teilchen der dunklen Materie – Axion-like Particles genannt – erfolgreich weiter­ent­wickelt. Prinzipiell nutzen die Forscher in ihren Experimenten Techniken der kernmagnetischen Resonanz. Durch einen neuen Aufbau konnten sie die Empfindlichkeit um fünf Größen­ordnungen gegenüber früheren Experimenten steigern.

Abb.: Schematische Dar­stel­lung des Prinzips des Spin­ver­stärkers....
Abb.: Schematische Dar­stel­lung des Prinzips des Spin­ver­stärkers. (Bild: M. Jiang, USTC)

Woraus besteht die dunkle Materie? Als viel­ver­sprechende Kandidaten gelten extrem leichte bosonische Teilchen, etwa Axionen, Axion-like Particles und dunkle Photonen. Diese können als klassisches Feld angesehen werden, das mit einer bestimmten Frequenz oszilliert. Wie groß diese Frequenz – und demzufolge die Masse der Teilchen – ist, ist bisher nicht bekannt. Deshalb durch­suchen die Forscher mit ihren Experimenten systematisch unter­schied­liche Frequenz­bereiche nach Hinweisen auf dunkle Materie.

„Dabei gibt es noch viel zu tun, denn einen großen Massebereich, der für ALPs in Frage kommt, haben wir noch nicht überprüft“, sagt Dmitry Budker vom Exzellenz­cluster PRISMA+ an der Uni Mainz. „Dabei setzen wir weiter auf das Prinzip der Kern­spin­resonanz, also die Tatsache, dass Kernspins auf Magnetfelder reagieren, die mit einer bestimmten Resonanz­frequenz schwingen. Die Stärke dieses Resonanz­signals bestimmen wir mit einem empfindlichen Magneto­meter.“

Die Grundannahme der Experimente: Auch ein Dunkle-Materie-Feld beeinflusst die Kernspins eines Sensors in dieser Weise. Während sich die Erde durch dieses Feld bewegt, verhalten sich die Kernspins im Sensor genau wie in einem oszil­lierenden magnetischen Feld. Das Ergebnis ist ein durch dunkle Materie hervor­gerufenes Kernspin-Signal.

Als Sensor nutzen die Wissen­schaftler das Isotop Xenon-129. Das Magneto­meter, das potenzielle Signale misst, basiert auf Rubidium. „Wir bauen das Experiment so auf, dass die Xenon-Atome ein oszil­lierendes Feld zunächst verstärken. So würde der Effekt, den ein potenzielles ALP-Feld auslöst, um einen Faktor 100 größer sein“, erläutert Antoine Garcon vom Helmholtz-Institut Mainz. „Zudem befindet sich unser Magneto­meter – also die Auslese­einheit – in der gleichen Zelle wie das Sensorgas Xenon. Der stärkere Kontakt zwischen beiden erhöht neben dem stärkeren Signal zusätzlich die Empfind­lich­keit der Messung.“

„Das ist mehr oder weniger das gleiche Prinzip, das unserem ‚Cosmic Axion Spin Precession Experiment‘ – kurz CASPEr – zugrunde liegt. Die Details der technischen Umsetzung sind jedoch recht unter­schied­lich“, so Budker.

Das Team zeigte zunächst, dass die zugrunde­liegende Idee grund­sätzlich funktioniert. Die Forscher legten dazu ein schwaches oszil­lierendes Magnetfeld an, um so ein ALP-Feld zu simulieren und konnten damit die vorher­gesagten Signale exakt nachweisen. In einem nächsten Schritt bestimmten sie die Empfind­lich­keit ihres Versuchs­aufbaus: Im Ergebnis ist diese um fünf Größen­ordnungen besser als bei früheren Experimenten.

Nach diesem erfolgreichem Proof-of-Principle starteten die Wissen­schaftler erste Messreihen, um nach dunkler Materie zu suchen. Dabei konnten sie den Massebereich von wenigen Femto­elektronen­volt bis beinahe 800 feV absuchen. Zwar konnten sie in diesem Bereich bisher kein ALP-Signal finden, aber durch die viel höhere Empfind­lich­keit ist es gelungen, neue und strenge Grenzen im Hinblick auf die Stärke der ALP-Wechsel­wirkung mit normaler Materie zu formulieren.

 Zudem konnten sie den Suchbereich im Vergleich zu den CASPEr-Experimenten um eine Größenordnung hin zu höheren Massen erweitern – und so nach dem Ausschluss­verfahren den Suchbereich für ALPs noch weiter einschränken. Auch für die Suche nach dunklen Photonen konnte der Aufbau genutzt werden. Und auch hier ist es dem Forscherteam gelungen, entsprechende Grenzen festzusetzen. Durch längere Messzeiten könnte die Empfind­lich­keit ihrer Methode noch weiter verbessert werden.

JGU / RK

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