Laserschleifen erzeugen ultraschnelle elektrische Ströme in Festkörpern
Neue Erkenntnisse für die Entwicklung ultraschneller optoelektronischer Bauelemente.
Theoretiker des MPI für Struktur und Dynamik der Materie sagen voraus, dass eine ungewöhnliche Laserquelle hochgradig kontrollierbare elektrische Ströme in Festkörpern aller Art erzeugt. Die Studie des Teams liefert neue Erkenntnisse für die Entwicklung ultraschneller optoelektronischer Bauelemente, für effizientere Photovoltaik und für die Untersuchung des Verhaltens von Elektronen in Festkörpern.
Die Forscher konzentrierten sich auf einen intensiven bichromatischen Laserstrahl, der nur aus Photonen mit niedriger Energie besteht, aber aus zwei zirkular polarisierten Frequenzen. Die Polarisierung des elektromagnetischen Felds dieses Strahls zeichnet eine spezifische Form in Raum und Zeit: Die Kombination der beiden Farben führt zu einer Doppelschleifenbewegung, die die Elektronen im Festkörper in verschiedene Richtungen treibt. Gemeinsam mit dem intensiven Strahl bewirkt dieses Doppelschleifen-Laserlicht einen radikalen Effekt: Viele Photonen werden gleichzeitig absorbiert und regen die Elektronen an, so dass ein Strom entsteht.
„Normalerweise werden niederenergetische Photonen nicht vom Material absorbiert", sagt Ofer Neufeld vom MPSD. „Wir umgehen das, indem wir einen sehr intensiven Laserstrahl mit vielen Photonen nutzen, der es mehreren Photonen ermöglicht, sich zu kombinieren und gemeinsam absorbiert zu werden, um so einen Photostrom zu erzeugen.“ Darüber hinaus erzeugen die niederenergetischen Photonen nur eine geringe Erwärmung des Materials, so dass es sich um einen hocheffizienten Umwandlungsprozess handelt.
Interessanterweise tritt der Photostrom immer in einem rechten Winkel zum Laser auf, so dass seine Richtung und Amplitude sehr gut steuerbar sind. Das funktioniert allerdings nur bis zu einem bestimmten Punkt. „Bei sehr intensiven Strahlleistungen kommt es zu einem spontanen Symmetriebruch und die Richtung des Stroms ist nicht mehr vorhersagbar", sagt Neufeld. „Dann entstehen jedoch interessante Effekte wie induzierte Wechselwirkungen zwischen Elektronen und die Empfindlichkeit gegenüber der Trägerphase der Photonen. Wir hoffen, dass wir durch die Messung der erzeugten Ströme auch neue Erkenntnisse über die grundlegenden Prozesse gewinnen können, die auf Zeitskalen von weniger als einer Femtosekunde ablaufen.“
Mit diesem neuen Ansatz lassen sich laut den Forschern Photoströme in einem breiten Spektrum von zwei- und dreidimensionalen Materialien erzeugen, von Isolatoren mit großen Bandlücken wie Diamant und Silizium bis hin zu Graphen und anderen Halbmetallen. Langfristig könnten die Erkenntnisse des Teams zur Entwicklung superschneller lichtgesteuerter elektronischer Schalter beitragen – dem Bereich der Petahertz-Elektronik, wo elektronische Bewegungen sowohl zeitlich als auch räumlich gesteuert werden müssen.
MPSD / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
O. Neufeld et al.: Light-Driven Extremely Nonlinear Bulk Photogalvanic Currents, Phys. Rev. Lett. 127, 126601 (2021); DOI: 10.1103/PhysRevLett.127.126601 - Abt. Theorie, Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie, Hamburg