30.09.2020 • Sonnensystemforschung

Im freien Fall auf den Marsmond

Erste Tests zur Landung eines Rover auf Phobos.

Die Mission „Martian Moons Exploration“ MMX der japanischen Raumfahrt­agentur JAXA soll bei ihrem Start 2024 einen deutsch-franzö­sischen Rover mitführen, der auf dem Marsmond Phobos landen und die Ober­fläche für rund drei Monate erkunden soll. Derzeit laufen in der Lande- und Mobilitäts­test­anlage LAMA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raum­fahrt in Bremen erste Tests zur Landung. Anhand eines ersten vorläufigen Entwick­lungs­modells wird geprüft, wie robust der etwa 25 Kilogramm schwere Rover ausgelegt werden muss, um den Aufprall auf der Ober­fläche nach etwa vierzig bis hundert Metern freiem Fall gut zu meistern.

Abb.: Vorbereitung eines Abwurf­versuchs. (Bild: DLR)
Abb.: Vorbereitung eines Abwurf­versuchs. (Bild: DLR)

„Wir lassen das vorläufige Modell des MMX-Rovers unter Labor­bedingungen aus fünf Zenti­metern Höhe auf einen wechselnden Unter­grund in verschiedenen Winkeln fallen“, erklärt Versuchs­leiter Michael Lange vom DLR-Institut für Faser­verbund­leichtbau und Adaptronik. „Da Phobos wegen seiner geringen Schwerkraft an der Ober­fläche nur etwa ein Zwei­tausendstel der Erdfall­beschleu­nigung aufweist, können wir so die Intensität des Aufpralls für die Rover-Struktur simulieren.“ Eine besondere Heraus­forderung ist, dass der frei fallende Rover mit einer beliebigen Orien­tierung auf die Ober­fläche trifft und dabei möglicher­weise direkt auf einen Stein prallt. „Um diese Situation nach­zu­stellen, verwenden wir zusätz­lich zu einer ebenen Platte zwei Halb­kugeln mit zwei und neun Zenti­metern Durch­messer, die in einem Sandbett stehen“, sagt Michael Wrasmann vom DLR-Institut für Raumfahrt­systeme. „Der genaue Lande­punkt unterliegt dem Zufall und wir bereiten uns mit dieser Analyse auf die verschiedenen Szenarien vor.“

Das vorläufige Testmodell im Labor ähnelt dabei bereits mit zwei montierten Rädern sowie zwei Rad-Dummies inklusive eines mechanischen Sicherungs­system für Start und Landung dem späteren MMX-Rover, um poten­zielle struktu­relle Schwach­stellen aufzu­decken und zu verbessern. Das Gehäuse des Rovers ist dabei eine Leicht­bau­konstruk­tion aus gezielt versteiften Sand­wich­bau­teilen mit Deck­schichten aus kohlen­stoff­faser­verstärktem Kunst­stoff und einem Aluminium-Wabenkern.

Ergänzend zu den Labor­versuchen werden auch umfang­reiche Simula­tionen im Computer durch­geführt, die die Ergebnisse der Versuchsreihe um eine Vielzahl weiterer Lande­situa­tionen erweitern. Um die Genauig­keit des mecha­nischen Berechnungs­modells zu verbessern, finden zudem im Rahmen der Versuchs­reihe Tests zum Schwingungs­verhalten der Rover-Struktur statt. Die Erkennt­nisse der Versuche helfen den Forschern nach­folgend das Design des MMX-Rovers detail­lierter fest­zu­legen.

„Für 2021 ist die Erprobung eines dann bereits deutlich detail­lierteren Struktur­modells mit allen Elementen des Bewegungs­systems geplant. Dieses besteht aus den vier, an beweg­lichen Beinen ange­brachten Rädern und einem am Heck des Rovers befind­lichen Klapp-Mechanismus. Dieser Mechanismus bringt den Rover bei seitlicher Landung in eine Position, die es ihm ermöglicht, mit Hilfe seiner Beine autonom in die Fahr­position zu kommen und seine Solar­panele zu entfalten“, erklärt Markus Greben­stein vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik in Ober­pfaffen­hofen.

Zusätzlich zu den struktu­rellen Belastungen durch die Landung ist der Rover extremen Strapazen durch die Umgebungs­bedin­gungen ausge­setzt. So erwärmt sich Phobos inner­halb seines nur sieben Stunden dauernden Tages von minus 150 Grad Celsius auf plus 50 Grad Celsius. Das Innere des Rovers muss hierbei aktiv auf einer vergleichs­weise konstanten Temperatur gehalten werden, um die Qualität der wissen­schaft­lichen Messungen zu gewähr­leisten. „Deshalb werden 2021 eben­falls ausgiebige Tests des Temperatur­ver­haltens des Rovers anhand eines Thermal­modells erfolgen", so Greben­stein.

Der Start der JAXA-Mission MMX ist für 2024 geplant, der Eintritt in den Mars­orbit für 2025. Ziel der Mission ist es, die beiden Mars­monde Phobos und Deimos zu unter­suchen und dabei zu klären, ob sie als einge­fangene Asteroiden den roten Planeten umkreisen oder sich bildeten, nach dem ein größerer Körper auf dem Mars einge­schlagen war und sich dabei ausge­worfenes Material zu neuen Körpern zusammen­fügte. Die Bildung des Systems Mars, Phobos und Deimos ist ein Schlüssel, um die Planeten­bildung im Sonnen­system besser zu verstehen. Die Landung des MMX-Rovers ist als Teil der Mission für Ende 2026 oder Anfang 2027 geplant. Dieser wird etwa hundert Tage detailliert die Ober­flächen­beschaffen­heit des Mars­mondes analysieren und damit zur Lösung des wissen­schaft­lichen Rätsels seiner Entstehung beitragen.

DLR / RK

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