Im freien Fall auf den Marsmond
Erste Tests zur Landung eines Rover auf Phobos.
Die Mission „Martian Moons Exploration“ MMX der japanischen Raumfahrtagentur JAXA soll bei ihrem Start 2024 einen deutsch-französischen Rover mitführen, der auf dem Marsmond Phobos landen und die Oberfläche für rund drei Monate erkunden soll. Derzeit laufen in der Lande- und Mobilitätstestanlage LAMA des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Bremen erste Tests zur Landung. Anhand eines ersten vorläufigen Entwicklungsmodells wird geprüft, wie robust der etwa 25 Kilogramm schwere Rover ausgelegt werden muss, um den Aufprall auf der Oberfläche nach etwa vierzig bis hundert Metern freiem Fall gut zu meistern.
„Wir lassen das vorläufige Modell des MMX-Rovers unter Laborbedingungen aus fünf Zentimetern Höhe auf einen wechselnden Untergrund in verschiedenen Winkeln fallen“, erklärt Versuchsleiter Michael Lange vom DLR-Institut für Faserverbundleichtbau und Adaptronik. „Da Phobos wegen seiner geringen Schwerkraft an der Oberfläche nur etwa ein Zweitausendstel der Erdfallbeschleunigung aufweist, können wir so die Intensität des Aufpralls für die Rover-Struktur simulieren.“ Eine besondere Herausforderung ist, dass der frei fallende Rover mit einer beliebigen Orientierung auf die Oberfläche trifft und dabei möglicherweise direkt auf einen Stein prallt. „Um diese Situation nachzustellen, verwenden wir zusätzlich zu einer ebenen Platte zwei Halbkugeln mit zwei und neun Zentimetern Durchmesser, die in einem Sandbett stehen“, sagt Michael Wrasmann vom DLR-Institut für Raumfahrtsysteme. „Der genaue Landepunkt unterliegt dem Zufall und wir bereiten uns mit dieser Analyse auf die verschiedenen Szenarien vor.“
Das vorläufige Testmodell im Labor ähnelt dabei bereits mit zwei montierten Rädern sowie zwei Rad-Dummies inklusive eines mechanischen Sicherungssystem für Start und Landung dem späteren MMX-Rover, um potenzielle strukturelle Schwachstellen aufzudecken und zu verbessern. Das Gehäuse des Rovers ist dabei eine Leichtbaukonstruktion aus gezielt versteiften Sandwichbauteilen mit Deckschichten aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff und einem Aluminium-Wabenkern.
Ergänzend zu den Laborversuchen werden auch umfangreiche Simulationen im Computer durchgeführt, die die Ergebnisse der Versuchsreihe um eine Vielzahl weiterer Landesituationen erweitern. Um die Genauigkeit des mechanischen Berechnungsmodells zu verbessern, finden zudem im Rahmen der Versuchsreihe Tests zum Schwingungsverhalten der Rover-Struktur statt. Die Erkenntnisse der Versuche helfen den Forschern nachfolgend das Design des MMX-Rovers detaillierter festzulegen.
„Für 2021 ist die Erprobung eines dann bereits deutlich detaillierteren Strukturmodells mit allen Elementen des Bewegungssystems geplant. Dieses besteht aus den vier, an beweglichen Beinen angebrachten Rädern und einem am Heck des Rovers befindlichen Klapp-Mechanismus. Dieser Mechanismus bringt den Rover bei seitlicher Landung in eine Position, die es ihm ermöglicht, mit Hilfe seiner Beine autonom in die Fahrposition zu kommen und seine Solarpanele zu entfalten“, erklärt Markus Grebenstein vom DLR-Institut für Robotik und Mechatronik in Oberpfaffenhofen.
Zusätzlich zu den strukturellen Belastungen durch die Landung ist der Rover extremen Strapazen durch die Umgebungsbedingungen ausgesetzt. So erwärmt sich Phobos innerhalb seines nur sieben Stunden dauernden Tages von minus 150 Grad Celsius auf plus 50 Grad Celsius. Das Innere des Rovers muss hierbei aktiv auf einer vergleichsweise konstanten Temperatur gehalten werden, um die Qualität der wissenschaftlichen Messungen zu gewährleisten. „Deshalb werden 2021 ebenfalls ausgiebige Tests des Temperaturverhaltens des Rovers anhand eines Thermalmodells erfolgen", so Grebenstein.
Der Start der JAXA-Mission MMX ist für 2024 geplant, der Eintritt in den Marsorbit für 2025. Ziel der Mission ist es, die beiden Marsmonde Phobos und Deimos zu untersuchen und dabei zu klären, ob sie als eingefangene Asteroiden den roten Planeten umkreisen oder sich bildeten, nach dem ein größerer Körper auf dem Mars eingeschlagen war und sich dabei ausgeworfenes Material zu neuen Körpern zusammenfügte. Die Bildung des Systems Mars, Phobos und Deimos ist ein Schlüssel, um die Planetenbildung im Sonnensystem besser zu verstehen. Die Landung des MMX-Rovers ist als Teil der Mission für Ende 2026 oder Anfang 2027 geplant. Dieser wird etwa hundert Tage detailliert die Oberflächenbeschaffenheit des Marsmondes analysieren und damit zur Lösung des wissenschaftlichen Rätsels seiner Entstehung beitragen.
DLR / RK
Weitere Infos
- Martian Moons Exploration, Japanische Weltraumagentur JAXA, Japan
- Marsmondmission MMX, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Köln