28.02.2025

Holografisches Endoskop blickt tief ins Gehirn

Hochauflösende Einblicke in neuronale Prozesse lebender Organismen mithilfe einer haarfeinen optischen Faser.

Ein Forschungsteam aus Deutschland, Tschechien und Belgien entwickelt eine neuartige Bildgebungstechnologie, um neuronale Prozesse in lebenden Organismen mit hoher Präzision sichtbar zu machen. Das Projekt Neurogate setzt auf ein holografisches Endoskop, das mithilfe einer haarfeinen optischen Faser tief ins Gehirn blickt – minimalinvasiv und mit subzellulärer Auflösung. Der European Innovation Council fördert die Weiterentwicklung dieser Technologie mit 2,5 Millionen Euro, um sie für biomedizinische Anwendungen zu testen.

Abb.: Das ultradünne faseroptische Endoskop wird für die mikroskopische...
Abb.: Das ultradünne faseroptische Endoskop wird für die mikroskopische In-vivo-Bildgebung in tiefen Strukturen im Gehirn von Mausmodellen eingesetzt.
Quelle: J. Plavec, AV ČR

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Das holografische Endoskop basiert auf einer multimodalen optischen Faser, die dünner ist als ein menschliches Haar. Es ermöglicht die Langzeit-Beobachtung neuronaler Schaltkreise in tiefen Hirnregionen – selbst bei frei beweglichen Organismen. Das eröffnet neue Perspektiven für die Erforschung von neurologischen Erkrankungen wie Alzheimer oder Epilepsie und könnte zur Entwicklung innovativer Diagnose- und Therapieansätze beitragen.

„Diese Technologie markiert einen Wendepunkt in der Neurowissenschaft“, sagt Tomáš Čižmár vom Leibniz-Institut für photonische Technologien und der Uni Jena. „Mit Neurogate bringen wir sie auf den nächsten Entwicklungsstand, um neuronale Aktivität unter natürlichen Bedingungen mit bisher unerreichter Präzision zu untersuchen. Diese Erkenntnisse könnten unser Verständnis neurologischer Erkrankungen erheblich erweitern.“

Seit 2017 entwickelt Čižmár die Technologie holographischer Endoskope parallel am Leibniz-IPHT und am Institut für wissenschaftliche Instrumente ISI der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brünn. 2024 wurde seine Arbeit mit zwei bedeutenden Auszeichnungen gewürdigt: dem Preis des tschechischen Bildungsministers und dem Life-Sciences-Preis der Europäischen Gesellschaft für Mikroskopie.

Ein zentraler Partner des Projekts ist das Jenaer Start-up DeepEn, das die Kommerzialisierung der Technologie vorantreibt. Das Unternehmen wurde 2024 von Mitgliedern von Čižmárs Gruppe am Leibniz-IPHT aus dem Institut ausgegründet. Im selben Jahr wurde DeepEn mit dem Sonderpreis für junge Unternehmen beim Thüringer Innovationspreis ausgezeichnet.

„Unser Ziel ist es, wissenschaftliche Durchbrüche in marktfähige Anwendungen zu überführen“, erklärt Sergey Turtaev, CEO von DeepEn. „Die holografische Endoskopie hat das Potenzial, die biomedizinische Forschung grundlegend zu verändern – und Neurogate bringt uns diesem Ziel einen großen Schritt näher.“

Ziel von Neurogate ist es, die Technologie auf das Technology Readiness Level 6 zu bringen – also unter realitätsnahen Bedingungen zu validieren. Dies ist ein entscheidender Schritt, um den Einsatz in der biomedizinischen Forschung und später in klinischen Anwendungen vorzubereiten.

Das Projekt baut auf den erfolgreichen ERC-Proof-of-Concept-Förderungen von Čižmár am Leibniz-IPHT und am ISI auf. Während Wokegate am Leibniz-IPHT die Entwicklung ultrafeiner Endoskope zur Untersuchung neuronaler Netzwerke ermöglichte, zeigte Strokegate am ISI, wie diese Technologie zur Analyse der Auswirkungen von Schlaganfällen auf das Gehirn genutzt werden kann.

Das Konsortium schätzt den Markt für holographische Endoskope auf mehr als 850 Millionen Euro. Die Technologie könnte die Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen grundlegend verändern. „Mit Neurogate demonstrieren wir, wie Grundlagenforschung und Technologietransfer ineinandergreifen, um Lösungen für gesellschaftlich relevante Herausforderungen zu entwickeln“, so Čižmár.

L-IPHT / RK

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