Heliumfrei zu tiefsten Temperaturen
Kühlsystem für Quantentechnologien basiert auf frustrierten Quantenmagneten.
Im März 2024 hat das Projektteam „Solidcryo“, das an der Universität Augsburg nachhaltige Kühlkörper und -systeme für Quantentechnologie entwickeln möchte, den 1. Preis beim Businessplan-Wettbewerb Schwaben gewonnen. Nun folgt schon die nächste gute Nachricht: Ab 2025 gibt es eine zweijährige Förderung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Programms „EXIST-Forschungstransfer“.
Quantentechnologie gilt als Schlüsseltechnologie unseres Jahrhunderts und verspricht erhebliche technische Möglichkeiten. Supraleitende Quantencomputer und -sensoren benötigen jedoch eine sehr kalte Umgebung von unter –272 Grad Celsius. Derzeit wird das seltene Gas Helium-3 zusammen mit Helium-4 zur Kühlung eingesetzt, jedoch wird Helium aus fossilen Quellen gewonnen und ist eine strategische und geopolitisch abhängige Ressource mit zunehmenden Versorgungsengpässen und Preissprüngen.
Das Projektteam „Solidcryo“ setzt sich aus einer Nachwuchswissenschaftlerin und drei Nachwuchswissenschaftlern der Universität Augsburg zusammen. Gemeinsam wollen sie Kühlkörper und -systeme entwickeln, die ohne das sehr seltene Helium-3 auskommen. „Unsere Materialien erreichen die für supraleitende Quantentechnologie benötigten Temperaturen unter 20 Millikelvin bei gleichzeitig hoher Kühlleistung und bieten im Vergleich zu bisherigen Lösungen viele Vorteile“, erklärt Anna Klinger. Die Physikerin ist eines der vier Teammitglieder von „Solidcryo“, neben dem Physiker Marvin Klinger, dem Ingenieur Jorginho Villar Guerrero und dem Betriebswirt Paul Bittner. Das Projekt ist am Lehrstuhl für Experimentalphysik VI angesiedelt und wird von Philipp Gegenwart und Anton Jesche betreut. Das Team wird momentan von der „Validierungsförderung“ von „Bayern innovativ“ gefördert, durch die der Proof of Principle der Materialien erbracht wird.
Der Lehrstuhl für Experimentalphysik VI unter Leitung von Philipp Gegenwart entdeckte 2021, dass sich frustrierte Quantenmagnete exzellent zur magnetischen Kühlung bei sehr tiefen Temperaturen eignen. Eine Anwendung ist ein Millikelvin-Rastersondenmikroskop, das derzeit mit Unterstützung einer BMBF-Förderung und in Zusammenarbeit mit Partnern aufgebaut wird. Die Kühlmodule werden vom Lehrstuhl entwickelt. Parallel dazu wird in einem DFG-geförderten Projekt an der systematischen Verbesserung der Kühlmaterialien gearbeitet. Auf Basis dieser Kühlmaterialien soll durch das Team „Solidcryo“ eine He-3-freie Kühltechnologie entwickelt werden.
Die Projektgruppe „Solidcryo“ bedankt sich für die Unterstützung beim Lehrstuhl für Experimentalphysik VI, bei Roland Grenz von der Gründer- und Erfinderberatung der Universität Augsburg, beim „Start-Hub“, beim „Funkenwerk“ der Technischen Hochschule Augsburg und beim „Digitalen Zentrum Schwaben“, die dem Team mit ihrer Expertise während der Antragsphase und auch weiterhin tatkräftig zur Seite stehen.
U. Augsburg / DE