Energiewende mit Wasserstoff vom Dach
Photokatalytisches Modellsystem entwickelt und im Labormaßstab demonstriert.
Bei der künstlichen Photosynthese werden chemische Reaktionen mithilfe von Sonnenlicht durchgeführt. Wie beim natürlichen Vorbild werden Photonen dabei von einem photokatalytisch aktiven Material so absorbiert, dass ihre Energie direkt eine chemische Reaktion antreibt. „Inzwischen sind unterschiedliche Photokatalysatoren bekannt. Mit ihnen lässt sich zum Beispiel Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, es lassen sich aber auch klimaneutrale Kraftstoffe aus Wasser und Kohlendioxid herstellen“, erläutert Paul Kant vom Karlsruher Institut für Technologie. Bislang war die Technologie allerdings vor allem im Labor zu finden, weil die Kosten einer Produktion von solarem Wasserstoff schlicht zu hoch waren. Mit einem Konzept für hocheffiziente Photoreaktorpaneele, die in kostengünstigen Modulen verbaut werden können, ist der Forschungsgruppe von Kant jetzt jedoch ein entscheidender Schritt in Richtung Praxis gelungen.
Den großflächigen Einsatz solcher neuartiger Photoreaktormodule auf Hausdächern oder in Solarfarmen zur Herstellung von Wasserstoff oder Kraftstoffen hält Kant für eine der großen technologischen Chancen der Menschheit im Kampf gegen die Klimakrise: „Das könnte den Einsatz fossiler Energieträger schlichtweg überflüssig machen.“
Ein effizientes Photoreaktormodul für die praktische Anwendung muss im Wesentlichen zwei Komponenten aufweisen: Zum einen muss ein geeigneter Photokatalysator zur Verfügung stehen, der die eigentliche chemische Reaktion antreibt. Zum anderen muss ein Photoreaktor vorhanden sein, also ein Behältnis für den Photokatalysator sowie die Ausgangsstoffe der chemischen Reaktion. „Der Photoreaktor sollte einfallendes Sonnenlicht idealerweise verlustarm zum Photokatalysator leiten, egal aus welcher Richtung es einfällt, beziehungsweise egal wo am Himmel die Sonne steht“, erklärt Kant.
„Wichtig ist außerdem, dass der Photoreaktor durch seine Struktur und das verwendete Material optimale Betriebsbedingungen für den Photokatalysator gewährleistet, etwa die richtige Temperatur oder die passende Intensität bei der Absorption von Licht am Photokatalysator“, so Kant weiter. Das von dem Forschungsteam vorgestellte Photoreaktorkonzept adressiert genau diese doppelte Herausforderung: Es besteht aus mikrostrukturierten Polymerpaneelen, die für eine hohe Reflektivität mit Aluminium beschichtet werden und ermöglicht sowohl optimale Betriebsbedingungen als auch einen effizienten Transport von Licht zum Photokatalysator über den gesamten Tagesverlauf. Die Forscher haben das System mithilfe computergestützter Geometrieoptimierung sowie einem photokatalytischen Modellsystem entwickelt und konnten es bereits im Labormaßstab demonstrieren.
Auf Grundlage einer allgemeingültigen Richtlinie, die von den Forschern auf Basis einer detaillierten Analyse ihres Reaktorkonzepts erarbeitet wurden, können zukünftige Photoreaktormodule nun für unterschiedliche Einsatzzwecke verhältnismäßig einfach auf maximale Effizienz ausgelegt werden. Eine hohe Effizienz bei der chemischen Reaktion ist allerdings nur ein Teil der Herausforderung, um die künstliche Photosynthese als eine wirtschaftliche Technologie zu etablieren. Für relevante Produktmengen müssen sehr große Flächen mit Photoreaktorpaneelen bedeckt werden. „Um die Kosten zu senken, verwenden wir kostengünstige Materialien sowie Geometrien, die in etablierten Massenfertigungsverfahren hergestellt werden können“, sagt Kant. Nach ersten Berechnungen schätzen die Forscher den Preis auf ungefähr 20 Euro pro Quadratmeter Photoreaktormodul.
In weiterführenden Arbeiten unter der Federführung von Anselm Dreher wird in den nächsten Schritten nun ein geeigneter Photokatalysator entwickelt, der effizient Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Der Photokatalysator wird anschließend in die vorgestellten Photoreaktoren integriert. Ferner umfassen aktuelle Arbeiten Untersuchungen zur Massenproduktion der vorgestellten Paneele.
KIT / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
P. Kant et al.: Low-cost photoreactors for highly photon/energy-efficient solar-driven synthesis, Joule 6, 1347 (2023); DOI: 10.1016/j.joule.2023.05.006 - Institut für Mikroverfahrenstechnik, Karlsruher Institut für Technologie