11.12.2019 • Helmholtz-Gemeinschaft

Ende der Neutronen-Ära

Ab heute erzeugt der Berliner Forschungsreaktor BER II keine Neutronen mehr.

Fast auf den Tag genau 46 Jahre nach seiner Inbetriebnahme stellt der Berliner Experimentier-Reaktor BER II heute seine Arbeit ein. Der Termin stand schon lange fest: Am 25. Juni 2013 verkündete der Aufsichtsrat des Helmholtz-Zentrums Berlin für Materialien und Energie (HZB) den Ausstieg aus der Forschung mit Neutronen. Ab dem kommenden Jahr liegt der Fokus allein auf der Erforschung von Energiematerialien und der Weiterentwicklung des Elektronenspeicherrings BESSY II. Für den Reaktor BER II folgt nun die Phase des Nachbetriebs und ab 2023 der Rückbau der Anlage.

Seit Ende der 1950er-Jahre wurde in Berlin mit Reaktorneutronen geforscht, denn das Herzstück des 1959 in Wannsee gegründeten Hahn-Meitner-Instituts für Kernforschung war der Berliner Experimentier-Reaktor BER I. Er diente mit einer Leistung von 50 kW noch der klassischen Kernchemie und wurde 1971 stillgelegt. Zu dieser Zeit begannen die Arbeiten am Nachfolger BER II, der am 9. Dezember 1973 mit einer Leistung von 5 MW den Betrieb aufnahm. Schon im folgenden Jahr kam mit Experimenten zur Streuung von Neutronen ein neuer Forschungszweig hinzu.

Seit Anfang der 1990er-Jahre stand BER II für den Nutzerbetrieb offen: Ein jahrelanger Umbau und die Erhöhung der Leistung auf 10 MW haben zu zahlreichen internationalen Kooperationen und jährlich mehr als hundert Publikationen in renommierten Fachzeitschriften geführt. Etwa 70 Prozent der Betriebszeit waren für den Nutzerbetrieb reserviert, den das Berlin Neutron Scattering Center (BENSC) regelte. Auch nach dem Zusammenschluss des Hahn-Meitner-Instituts Berlin und der Berliner Elektronen-Speicherring Gesellschaft für Synchrotronstrahlung (BESSY) zum HZB hielt der Zustrom an. Mehr als 600 Besuche von Gastforschenden gab es auch in diesem Jahr noch zu verzeichnen: Physiker, Chemiker, Biologen, Mediziner und Archäologen arbeiteten an den mehr als zwanzig Messplätzen.

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Mittlerweile gibt es in Europa mehrere Neutronenquellen mit einem höheren Neutronenfluss als BER II und weitere Anlagen sind in Planung und Bau. Beispielsweise wird in Zukunft die Europäische Neutronen-Spallationsquelle (ESS) im schwedischen Lund intensive Neutronenstrahlen bereitstellen – ganz ohne die Einschränkungen, denen eine Reaktorquelle unterliegt. BER II bleibt auch nach dem heutigen Abschalten ein Thema: Während Nachbetrieb und Rückbau setzt das HZB seinen Dialogprozess mit Anwohnenden sowie Vertreterinnen und Vertretern aus Kommunalpolitik und Umweltverbänden fort.

Kerstin Sonnabend

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