Die Rolle von Pulsaren bei der Entstehung der galaktischen kosmischen Strahlung
Neue Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Erlangen Centre for Astroparticle Physics.
„Es wäre für mich die Erfüllung eines Traumes“, sagt Alison Mitchell, die von der ETH Zürich an die Uni Erlangen-Nürnberg wechselt. Ab Oktober soll Mitchell mit ihrer Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe am Erlangen Centre for Astroparticle Physics die Rolle von Pulsaren bei der Entstehung der galaktischen, hochenergetischen kosmischen Strahlung untersuchen. Das Projekt ist auf sechs Jahre ausgelegt und wird mit fast 1,5 Millionen Euro gefördert.
Die galaktische kosmische Strahlung entsteht innerhalb unserer Milchstraße. Sie besteht hauptsächlich aus Protonen, Ionen, Positronen und Elektronen, die unter extremen Bedingungen beschleunigt werden und mit hoher Energie auf die Erde treffen. Da bei dieser Beschleunigung hochenergetische Photonen erzeugt werden, liefert auch Gammastrahlung Hinweise auf die kosmischen Beschleuniger. Geladene Teilchen werden auf ihrem langen Weg zur Erde von interstellaren Magnetfeldern abgelenkt. Die Forschung nach dem Ursprung der kosmischen Strahlung konzentriert sich daher auf ungeladene Teilchen wie Photonen oder Neutrinos. Denn sie treffen die Erde auf direktem Weg und geben somit Auskunft über ihren Entstehungsort. Mitchell ist eine weltweit führende Wissenschaftlerin der Untersuchung hochenergetischen Photonen aus dem Weltall.
Woher die kosmische Strahlung kommt, ob eine oder mehrere Quellpopulationen verantwortlich sind, ist noch immer nicht geklärt. Zu den aussichtsreichsten Kandidaten zählen Reste von Supernovae, die Umgebung von Pulsaren und schwarze Löcher. „Viele Kollegen präferieren die Überreste von Supernovae, doch der experimentelle Nachweis ist bisher nicht eindeutig gelungen“, sagt Mitchell. Je länger die Sternexplosion zurückliege, desto geringer die erwartete Beschleunigung. Zudem können theoretische Untersuchungen noch nicht überzeugend zeigen, dass Teilchen in den Überresten einer Supernova auf die extrem hohen Energien beschleunigt werden können, die in der kosmischen Strahlung auftreten, so Mitchell. Daher sucht die Wissenschaft nach anderen Erklärungen. Mehrere Forschungsgruppen arbeiten an theoretischen Modellen, nach denen die Umgebung von Pulsaren für den Ursprung der galaktischen kosmischen Strahlung verantwortlich ist.
Erst seit 2019 konnte nachgewiesen werden, dass Pulsarwindnebel in der Lage sind, Positronen und Elektronen auf Energien von 1015 Elektronenvolt zu beschleunigen. Die Hauptkomponente der galaktischen kosmischen Strahlung, also Protonen und Ionen, könnten demnach ebenfalls ihren Ursprung in der Umgebung eines Pulsars haben. Für die Beschleunigung der Protonen durch Pulsare und deren Umgebung möchte Mitchell den erhofften experimentellen Nachweis erbringen. „Soweit ich weiß, ist das geplante umfassende Forschungsprogramm weltweit einzigartig“, sagt die Physikerin.
Da die hochenergetischen Teilchen mit Satelliten nur schwer nachzuweisen sind, nutzen Forscher die irdische Atmosphäre als Detektor: Tscherenkow-Teleskope fangen das schwache Leuchten ein, das entsteht, wenn ein Photon der Gammastrahlung auf die Atmosphäre trifft. Mit den fünf Empfängern des HESS-Teleskops in Namibia lässt sich die Richtung der Gammastrahlung exakt bestimmen. Mitchell arbeitet auch mit dem im Bau befindlichen internationalen Großprojekt der erdbasierten Gammastrahlen-Astronomie, dem Cherenkov Telescope Array, zusammen. „Im Laufe des Projekts werden weitere CTA-Teleskope auf der Kanareninsel La Palma und in Chile dazukommen, die eine höhere Auflösung und ein größeres Gesichtsfeld haben“, erklärt Mitchell.
Mithilfe von Algorithmen soll die Auflösung der Teleskope verbessert werden. Derzeit werden auch neue Methoden entwickelt, um räumlich ausgedehnte Gammastrahlen-Quellen zu erfassen. Wegen ihrer führenden Stellung auf dem Gebiet der theoretischen Astrophysik und der Neutrino-, Röntgen- und Gammastrahlenastronomie biete die Uni Erlangen-Nürnberg viele Schnittstellen für ihr Projekt, sagt Mitchell. „Höchstwahrscheinlich sind sowohl Supernovae als auch Pulsare für die galaktische kosmische Strahlung verantwortlich, aber ich glaube, dass Pulsare bis auf tausendfach höhere Energien beschleunigen können als die Überreste von Supernovae.“
FAU / RK
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