23.02.2023 • KernphysikAstroteilchenphysik

Der empfindlichste Detektor zur Messung von Radioaktivität

Neben der Messung von Proben kann die Anlage auch für die physikalische und astrophysikalische Grundlagenforschung genutzt werden.

Der empfindlichste Detektor zur Messung von Radio­aktivität in Deutschland steht jetzt in Dresden. Nach langer Entwicklungs­arbeit haben Forscher der TU Dresden und des HZDR den Aufbau im Untertage­labor „Felsenkeller“ Dresden in Betrieb genommen. Sie können damit fortan Proben von Stoffen und Materialien mit einer Radio­aktivität im Bereich von hundert Mikro­bequerel analysieren. Damit gehört der Messaufbau im Felsenkeller­labor zu der Weltspitze der sensitivsten Messgeräte für Radio­aktivität.

Abb.: Kai Zuber (rechts) und Steffen Turkat Im Unter­tage­labor...
Abb.: Kai Zuber (rechts) und Steffen Turkat Im Unter­tage­labor „Felsen­keller“ in Dresden. Dort befindet sich seit kurzem der empfind­lichste Aufbau zur Messung von Radio­aktivität in Deutsch­land. (Bild: M. Osswald, TU Dresden)

„Wenn man seltene Prozesse und geringe Aktivitäten in der Physik untersuchen möchte, dann braucht man prinzipiell zwei Dinge: einerseits viel Geduld – denn die Prozesse finden ja nur selten statt – und andererseits eine Umgebung, die möglichst strahlungsarm ist, damit der Detektor nicht permanent von natürlichen Strahlungs­quellen, wie sie beispiels­weise in jedem Baumaterial vorhanden sind, gestört wird“, erklärt Steffen Turkat von der TU Dresden.

So schützt die 45 Meter dicke Felsschicht im Stollen des ehemaligen Eislagers der Dresdner Felsenkeller-Brauerei den Detektor zwar vor einem Großteil der kosmischen Strahlung, jedoch nicht vor der natürlichen Radio­aktivität aus der Umgebung. Daher mussten die Forscher den Detektor zusätzlich mit einer ausge­tüftelten Anordnung aus strahlungs­armen Betonwänden, großen Mengen an Blei und Kupfer sowie Veto-Detektoren schützen. Nur so kann dieser hoch­empfind­liche Aufbau funktionieren und Kern­umwand­lungen aus den wert­vollen Proben auswerten.

„Ich freue mich besonders über die Vielzahl an ungeplanten Anfragen von interes­sierten Kollegen weltweit, die den Detektor nun gerne nutzen würden. Bei diesen Anfragen geht es dann schnell mal um extrem wertvolle und seltene Proben, die wissen­schaft­lich äußerst spannend sind, die aber mit anderen Detektoren nicht analysiert werden können. So ein Detektor erzeugt somit automatisch neue Kollabo­ra­tionen und Vernetzungen zu anderen faszinierenden Fachgebieten“, erläutert Turkat.

Kai Zuber, wissenschaft­licher Leiter des Felsenkeller-Labors, freut sich insbesondere darauf, seine eigenen anspruchs­vollen Forschungs­interessen in der Physik jenseits des Standard­modells jetzt vor der Haustür verfolgen zu können: „Ich interessiere mich vor allem für den doppelten Betazerfall und die Suche nach Prozessen, die die geladene Leptonenzahl verletzen würden. Aber auch für die Verbesserung der Halbwerts­zeiten von Radio­nukliden ist der Felsenkeller nun exzellent geeignet.“

Auch Daniel Bemmerer vom HZDR ist begeistert von den neuen Möglichkeiten, die der Detektor bietet: „Wir können nun Aktivierungs­messungen für Kernfusions-Experimente bei Energien durchführen, die den eigent­lichen Energien und Temperaturen in unserer Sonne wesentlich näherkommen, als es bisher möglich war. Dadurch wird auch eine neue Nutzungs­möglich­keit für den Felsenkeller-Beschleuniger geschaffen.“ Neben dem neuen Detektor ist in Deutschlands tiefstem Untertage-Physiklabor bereits seit 2019 ein Ionen­beschleuniger zur Untersuchung der wichtigsten Prozesse im Inneren der Sterne in Betrieb.

TU Dresden / RK

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